Wen soll ich nur wählen?
In einer Woche wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Die Parteien haben große Wahlprogramme mit ebenso großen Worten verfasst. „Rahmenbedingungen verbessern“ – „Mehr Selbstständigkeit in Deutschland“ - „Ein neues Gründerzeitalter“ Nur was verbirgt sich hinter diesen Worten? unternehmenswelt.de hat die Wahlprogramme genauer unter die Lupe genommen.
FDP
Die FDP will mehr Selbstständigkeit in Deutschland. Und auch der Wirtschaftsminister Rößler tourt immer wieder durch das Land und die Welt, um sich als Förderer von Startups zu zeigen. Denn die FDP hat bereits erkannt: „Deutschland weist im Vergleich einen unterdurchschnittlichen Anteil an Selbstständigen und Existenzgründern auf.“
Deswegen möchte die FDP Gründungen aus der Forschung und Wissenschaft heraus fördern, um neue und innovative Unternehmen in Deutschland zu unterstützen. Schade dabei ist nur, dass die FDP damit mehr als 99% der Neugründungen außer acht lässt. Denn der Großteil der deutschen Gründungslandschaft sind eher der Handwerker oder der Büroservice von Nebenan.
Wirklich zugute kann man der FDP halten, dass sie als Einzige der großen Parteien auf den Gründungszuschuss eingehen und diesen konkret prüfen wollen. Weiter spricht sich die FDP gegen „eine gründungs- und innovationsfeindliche Zwangslösung“ bei der Altersversorgung für Selbstständige aus.
CDU
„Gründer schaffen Zukunft“ … „Wir wollen die Gründungsfinanzierung ausbauen.“ Zitate aus dem Wahlprogramm der CDU. Fraglich ist nur, warum gerade die CDU die Förderung aus der Arbeitslosigkeit heraus fast eingestellt hat und den Gründungszuschuss abschafft.
Auch will die CDU die Pflicht zur Altersvorsorge bei Selbstständigen einführen. Im Wahlprogramm betonen sie dabei, dass sie Gründer in der Existenzgründungsphase nicht überfordern wollen. Dass dieses erst betont werden muss, lässt jedoch wenig Gutes erwarten.
Sucht man im CDU-Wahlprogramm nach konkreten Zielsetzungen, bleibt man nur an allgemeinen Formulierungen hängen, die sich zusätzlich eher an die Startup-Szene richten.
SPD
Die SPD hat wie auch die FDP erkannt, dass es zu wenig Selbstständige in Deutschland gibt. Deswegen will sie die Rahmenbedingungen für Selbstständige und Existenzgründer verbessern. Ob Rentenversicherungsbeiträge für Selbstständige dabei helfen diese Rahmenbedingungen zu verbessern, kann sich jeder jedoch selbst überlegen.
Aber die SPD hat wenigstens erkannt, dass der normale deutsche Existenzgründer im Durchschnitt kein Unternehmer in der High-Tech Branche ist. Deshalb will die Partei sozial-innovative Gründungen und die Kreativwirtschaft fördern. Was sozial-innovative Gründungen sind, wird dabei allerdings offen gelassen.
Wie auch im Wahlprogramm der CDU erfährt man im Programm der SPD nichts über den Gründungszuschuss. Auch schreibt die SPD generell eher wenig über Existenzgründungen.
Die Grünen
Kreativer Aufbruch in die persönliche Freiheit – So definieren die Grünen den Einstieg in die Selbstständigkeit. Damit stellen die Grünen die Motivation der Gründer in den Mittelpunkt.
Zusätzlich schreiben auch die Grünen (wie fast alle Parteien), dass Gründern der Weg zu Startkapital erleichtert werden soll. Wie auch alle anderen Parteien geben die Grünen aber auch keinen konkreten Vorschlag, wie dieses geschehen soll.
Eine konkrete neue Idee haben die Grünen dann aber doch: Sie wollen Gründerzentren aufbauen. In diesen Gründerzentren sollen Gründer eine kompetente Beratung erhalten. Auch sollen Gründer, die mit ihrer ersten Geschäftsidee gescheitert sind, in diesen Gründerzentren unterstützt werden, einen zweiten Anlauf zu wagen.
Die Linke
Die Linke hat in ihrem Wahlprogramm keinen direkten Absatz zum Thema Gründung und Selbstständigkeit.
Im Detail will die Linken aber die Rentenversicherung für Selbstständige. Weiter sollen diese auch in die Erwerbslosenversicherung einzahlen und Gewerbesteuer (mit einen Freibetrag bis 30.000 €) abführen.
Ansonsten ist das Wahlprogramm der Linken zum Thema Gründung noch dünner als das der anderen Parteien. Etwas Kreativwirtschaft hier und ein Wort wie Förderprogramm dort. Allerdings kann man kein Programm für Existenzgründungen erkennen.
Zusammenfassung
Im Allgemeinen lässt jede Partei eine wirklich konkrete Strategie bei der Förderung von Existenzgründungen vermissen. Überall schreiben die Parteien in positiven Sätzen und man könnte glauben, Deutschland wird unabhängig davon, wer an die Macht kommt, zum neuen Gründerland.
Das dem nicht so ist, offenbaren die Wahlprogramme der Regierungsparteien, welche vor ambitionierten Worten nur so wimmeln. Misst man diese Worte aber an den Taten der letzten Jahre, entdeckt man, dass die CDU/FDP Koalition alles andere als gründerfreundlich war.
Wenn man jetzt hoffnungsvoll zu den Oppositionsparteien schaut, entdeckt man wieder ein Meer an unkonkreten Ideen. Es zeigt sich, dass tatsächlich keine Partei Ambitionen hat, etwas an der Gründungsschwäche in Deutschland zu ändern.
Im Gegenteil: Außer der FDP wollen alle Parteien eine zwangsverordnete Rentenversicherung für Selbstständige. Die Oppositionsparteien verlieren sich in unkonkreten Ideen und die Regierungsparteien träumen den Traum der Startup-Republik Deutschland. An der deutschen Gründungsrealität gehen dabei alle vorbei.