Der Koalitionsvertrag - Was ist drin für Existenzgründer und Selbstständige?
Der Koalitionsvertrag kann gleich auf der ersten Seite mit den Worten zitiert werden: "Unser Land braucht eine Neue Gründerzeit. Wir wollen Unternehmertum und Gründergeist stärken und zu mehr gesellschaftlicher Anerkennung verhelfen.” Aber was bedeutet die "Neue Gründerzeit" tatsächlich? Unternehmenswelt hat den Koalitionsvertrag unter die Lupe genommen.
Der Gründungszuschuss
"Für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit soll das Instrument des Existenzgründerzuschusses fortgeführt werden und mit auskömmlichen Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit unterlegt werden."
Vor der Wahl hat die SPD verlauten lassen, die Verschlechterungen beim Gründungszuschuss zurückzunehmen und den Rechtsanspruch wiederherzustellen. Im Koalitionsvertrag ist von einem Rechtsanspruch zwar konkret nicht die Rede, geplant ist aber, dass die Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit wieder stärker gefördert werden soll.
Gründercoaching
"Die Existenzgründer von heute sind der Mittelstand von morgen. Deshalb wollen wir Existenzgründungen fördern. Wir wollen eine zielgerichtete Förderung des bewährten Gründercoachings, insbesondere für Gründungen aus Arbeitslosigkeit."
Damit stehen im Koalitionsvertrag Sätze, die für eine positive Überraschung sorgen. Eigentlich war die Bundesregierung dabei die Förderung für Gründer zurückzufahren und in diesem Zuge das mit bis zu 90% bezuschusste Coaching bei Gründungen aus der Arbeitslosigkeit abzuschaffen. Dass das Gründercoaching für Arbeitslose wiederbelebt wird, verspricht erstmal Gutes für die "Neue Gründerzeit".
Finanzierung für Existenzgründer
“Hemmnisse bei der Mittelstandsfinanzierung werden wir abbauen und dafür sorgen, dass keine Neuen entstehen. Wir werden uns für die Sicherstellung der ‘klassischen’ Mittelstandsfinanzierung über Sparkassen, Volks- und Genossenschaftsbanken, Privatbanken und Förderbanken sowie Bürgschaftsbanken stark machen.”
Damit zeigt die zukünftige Bundesregierung ein Interesse die Finanzierung für Gründer aber vor allem auch für bestehende Unternehmen auszubauen. Spannend bleibt, wie das 2010 aufgebaute Netzwerk aus Mikrofinanzinstituten (MFI) hier mit eingebunden wird. Im Koalitionsvertrag selbst sind dieses nicht erwähnt.
Bürokratieabbau
"Wir wollen das Gründen von Unternehmen leichter machen: Durch eine Vereinfachung der Prozesse (One-Stop-Agency) soll eine schnellere Unternehmensgründung möglich sein."
Immer wieder hält der deutsche Paragrafen- und Beamtendschungel Existenzgründer davon ab, ihre Geschäftsidee zu verwirklichen. Hier kann man aus dem Koalitionsvertrag Schritte in die richtige Richtung herauslesen.
Gründungszeit
"Um Gründungen aus der Beschäftigung auch für Arbeitnehmer zu ermöglichen, die weder auf ihr Einkommen verzichten noch das Risiko eines Jobverlusts auf sich nehmen können, werden wir analog dem Modell der Familienpflegezeit die Möglichkeit einer "Gründungszeit" einführen."
Eine Gründungszeit hört sich erstmal gut an. Allerdings bleibt die Frage der Umsetzung vollkommen offen. Nach einer Familienpflegezeit kehrt man im Allgemeinen wieder zu seinem Arbeitgeber zurück. Soll das nach einer erfolgreichen Gründung auch so sein? Wohl kaum. Es bleibt abzuwarten, wie genau die Gründungszeit umgesetzt werden soll.
Rentenversicherungspflicht für Selbstständige
Anders als in den Wahlprogrammen der Parteien glänzt die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige im Koalitionsvertrag durch Abwesenheit. Was erstmal gut ist. Da sich die Wahlprogramme der Koalitionsparteien zu diesen Thema aber einig sind, ist die Rentenversicherungspflicht sicherlich nicht vom Tisch.
Fazit
Ein wirkliches Plus könnte in dieser Legislaturperiode die Verbesserung der Gründungsförderung und die Wiederbelebung des Gründungszuschusses sowie des gesonderten Coachings für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit sein. Auch dass sich bei der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige erstmal nichts ändert, ist positiv zu bewerten. Insbesondere überrascht der Koalitionsvertrag mit positiven Formulierungen PRO Existenzgründung und Selbstständigkeit, die vorher anhand der Wahlprogramme nicht abzusehen war.