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Betriebsbedingte Kündigung: Regeln in der Corona-Krise

Wenn dringende betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung dauerhaft unmöglich machen, ist eine betriebsbedingte Kündigung unausweichlich. Umsatzrückgänge oder Auftragsmangel infolge der Corona-Krise zwingen Unternehmer derzeit vermehrt zu betriebsbedingten Kündigungen. Wir erläutern die grundlegenden rechtlichen Vorgaben, die du als Arbeitgeber beachten musst.

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Betriebsbedingt kündigen mit Wertschätzung

Rechtssicher handeln: Diese Regeln gelten im Fall einer betriebsbedingten Kündigung

In vielen Branchen werden die Folgen des Corona-Lockdown noch lange spürbar sein. Bereits jetzt rechnet Informationsdienstleister CRIFBÜRGEL in einer aktuellen Pressemitteilung mit 29.000 Insolvenzen in Deutschland bis zum Ende des Jahres. Das wären 10.000 oder rund 54 Prozent mehr als noch 2019. Vor allem in der Tourismus-, Gastro- und Eventbranche sieht CRIFBÜRGEL einen hohen Anstieg an Insolvenzen. Zudem werden Messebauer, Automobilzulieferer, Kinos und auch der Einzelhandel sowie die exportabhängige Industrie die Folgen des Lockdowns zu spüren bekommen. 

Wer das Schlimmste verhindern kann und sein Unternehmen durch die Krise rettet, wird u.U. dennoch einen betriebsbedingten Personalabbau vornehmen müssen. Damit dies rechtssicher und transparent für alle Beteiligten erfolgt, gilt es einige Regeln betriebsbedingter Kündigungen einzuhalten. 

Was bedeutet betriebsbedingte Kündigung?

Als Arbeitnehmer werden deine Mitarbeiter in erster Linie durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) abgesichert. Demnach kannst du deine Mitarbeiter nur bei Vorlage eines ordentlichen Kündigungsgrunds entlassen. Dazu zählen verhaltensbedingte Gründe, personenbedingte Gründe sowie betriebsbedingte Kündigungsgründe. 

Eine betriebsbedingte Kündigung ist immer dann rechtmäßig, wenn dringende betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers dauerhaft unmöglich machen. 

Was sind dringende betriebliche Erfordernisse?

Als dringende betriebliche Erfordernisse, die betriebsbedingte Kündigungen rechtfertigen, gelten

  1. Auftragsmangel,
  2. Umsatzrückgang sowie
  3. interne Gründe (z.B. Umstrukturierungen oder Organisationsänderungen).

Der Sonderfall Corona: Es ist wichtig, auch im Hinblick auf zu vermeidende arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen, dass du die Dauerhaftigkeit des Wegfalls des Arbeitsplatzes zweifelsfrei schildern kannst. Man kann die Planungsunsicherheit während der Pandemie durchaus von beiden Seiten argumentieren. Die genannten "dringenden betrieblichen Erfordernisse" müssen auch bei schnellerem Ende des Lockdowns gravierend gelten. 

Was sind Ausschlussgründe einer betriebsbedingten Kündigung?

Du musst außerdem sicherstellen, dass keine Alternativmaßnahmen zur Verhinderung einer betriebsbedingten Kündigung greifen. Das betrifft insbesondere andere freie Arbeitsplätze in deinem Unternehmen, die du mit dem Mitarbeiter besetzen könntest. Bevor eine betriebsbedingte Kündigung wirksam wird, musst du nachweisen, dass kein alternativer Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer zur Verfügung steht.

Wie verläuft das Verfahren einer betriebsbedingten Kündigung?

Das Verfahren einer betriebsbedingten Kündigung folgt einem Mehr-Stufen-Prozess:

  1. Sozialauswahl treffen: Du musst zunächst deine Mitarbeiter nach der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit, ihres Lebensalters, etwaiger Unterhaltspflichten (verheiratet und/oder Kinder) sowie hinsichtlich möglicher Schwerbehinderungen einteilen. Es gilt: Wer am längsten und erfahrensten ist, Angehörige zu versorgen hat und/oder Mitarbeiter mit Schwerbehinderung genießen vorrangigen Kündigungsschutz.
  2. Ausnahme von der Regel kennen: Mitarbeiter mit spezifischen Kenntnissen genießen einen Sonderstatus und können von der Sozialauswahl ausgenommen werden. 
  3. Wertschätzung zeigen: Die offene Kommunikation zwischen dir und deinen Mitarbeitern sollte an jeder Stelle dein Leitprinzip sein. Dies ist nicht nur zwischenmenschlich gerade in kleinen Unternehmen eine Herausforderung. Für beide Seiten gilt, gelingt es, den Trennungsprozess wertschätzend zu gestalten, ist dies in Zukunft für alle Teilnehmer die beste Empfehlung.
  4. Schriftlich, im Original, unter Zeugen: Die Kündigung wird wirksam mit schriftlicher Zustellung im Original. Du als Arbeitgeber bist grundsätzlich in der Beweispflicht, dass die Kündigung wirksam zugestellt wurde. 
  5. Kündigungsfrist einhalten: Sofern im Arbeitsvertrag nicht anders festgelegt, muss du den gesetzlichen Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen gemäß § 622 Bürgerliches Gesetzbuch folgen: 

Kündigungsfristen nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch

  • bei 2-jährigem Arbeitsverhältnis: einen Monat zum Ende eines Kalendermonats
  • bei 5-jährigem Arbeitsverhältnis: zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats
  • bei 8-jährigem Arbeitsverhältnis: drei Monate zum Ende eines Kalendermonats
  • bei 10-jährigem Arbeitsverhältnis: vier Monate zum Ende eines Kalendermonats
  • bei 12-jährigem Arbeitsverhältnis: fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats
  • bei 15-jährigem Arbeitsverhältnis: sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats
  • bei 20-jährigem Arbeitsverhältnis: sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats

Was muss ich beachten bei Kurzarbeit und Kündigung?

Der Schutzschirm der Bundesregierung soll Unternehmen mit Liquiditätshilfen wie dem Kurzarbeitergeld vor betriebsbedingten Kündigungen bewahren. Du solltest deshalb genau überlegen, ob es tatsächlich nötig sein wird zum Bezugsende vorübergehende Kurzarbeit in betriebsbedingte Kündigungen umwandeln zu müssen oder ob dein Unternehmen durch eine glückliche Kombination aus Soforthilfen, Lockerungspolitik und Wirtschaftsaufschwung nicht mittelfristig wieder auf die Beine kommt. Die Bundesagentur für Arbeit untersucht regelmäßig mögliche Missbrauchsfälle an Steuergeldern und prüft dies auch vor Ort mit Zoll und Staatsanwalt.

Welche besonderen Regeln gelten für kleine und mittlere Unternehmen?

Kleinstunternehmen sind flexibler, wenn es um die Aussprache betriebsbedingter Kündigungen geht. Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern müssen sich vorallem an die Grundrechte der Arbeitnehmer (z.B. freie Entfaltung der Persönlichkeit; keine geschlechtliche Diskriminierung; keine Diskriminierung aufgrund gewerkschaftlicher Zugehörigkeiten (Koalitionsfreiheit) etc.) halten und das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB beachten. Letzteres besagt im Kern, dass du einen Mitarbeiter nicht wegen unliebsamer (aber im Ermessen liegender) Entscheidungen kündigen darfst.

In Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern solltest du im Fall von Massenentlassungen den Kontakt zu deiner Agentur für Arbeit am Standort suchen.

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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