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PKV raus, GKV rein: Dein Pfad zur gesetzlichen Kasse!

Wenn steigende Beiträge in der privaten Krankenversicherung die eigene Existenz bedrohen, denken viele Selbständige über einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung nach. Trotz hoher Auflagen kann die Rückkehr in die GKV gelingen. Das sind deine Optionen.

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Chefarzt-Behandlung vs. hohe Kosten mit steigendem Alter – Vor- und Nachteile der PKV.

GKV vs. PKV: Gesetzlich oder privat versichern?

Ob die private oder die gesetzliche Krankenversicherung besser ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Gutverdienende Selbständige profitieren in der Regel von den Bedingungen der PKV. Als Alleinverdiener/-in mit Familie bist du in der gesetzlichen Krankenversicherung besser aufgehoben.

Die Entscheidung für oder gegen ein Krankenversicherungsmodell steht und fällt mit deinem Einkommen, dem Alter und deinem Gesundheitszustand.

Wechsel PKV in GKV 2024: Das ist Neu

2024 steigt die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 66.600 Euro auf 69.300 Euro. Liegt dein Gehalt als Angestellte/-r dann darunter, musst du ab 1. Januar gesetzlich versichert sein. Innerhalb von zwei Wochen kannst du dich bei einer gesetzlichen Krankenkasse deiner Wahl anmelden. 

Wer darf sich gesetzlich versichern (GKV)?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen zwischen 520 Euro monatlich (Geringfügigkeitsgrenze) und 66.600 Euro jährlich sind 2023 grundsätzlich in der GKV pflichtversichert; zusätzlich sind auch andere schutzbedürftige Gruppen gesetzlich dazu verpflichtet.

Besser verdienende Beschäftigte, Freiberufler/-innen, Selbstständige und Beamte können der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beitreten. 

die gröten Nachteile der GKV

Zu den größten Nachteilen der GKV zählen u.a.:

  • kein individueller Versicherungsschutz (sowohl der Beitrag als auch der Leistungskatalog sind vorgeschrieben)
  • Leistungsumfang und Höhe der Zuzahlungen kann sich jederzeit ändern (abwendbar nur durch Wechsel zu einer anderen GKV)
  • eingeschränkte Arztwahl
  • nur Anspruch auf Regelleistungen bei stationärer Behandlung
  • Zuzahlungen für Heil- und Hilfsmittel (z.B. Krankengymnastik, Brillen, Hörgeräte)
  • teurer Zahnersatz wie Brücken, Prothesen und Kronen wird lediglich bezuschusst

Wer darf sich privat versichern (PKV)?

Bist du selbstständig, Beamte oder verdienst als Angestellter im Jahr 2023 über 66.600 Euro brutto (5.550 Euro (brutto) im Monat), kannst du dich privat krankenversichern. Ab 2024 liegt die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) sogar bei 69.300 Euro.

Vor- und Nachteile der PKV 

Die private Krankenversicherung ist top für:

Gründerinnen & Gründer in jungen Lebensjahren (meist günstiger als die Mitgliedschaft in der GKV)

Zu ihren größten Vorzügen zählen u.a.:

  • große Flexibilität (Privat Versicherte können aus einer Vielzahl von Grund-, Standard- und Topschutz-Tarifen wählen und so den Leistungsumfang ihrer Krankenversicherung individuell anpassen)
  • Möglichkeit der Selbstbeteiligung (Versicherte beteiligen sich bis zu einer festgelegten Höhe pro Jahr an ihren Behandlungskosten und können dadurch ihren Monatsbeitrag zusätzlich reduzieren)
  • Beitragsrückerstattungen bei Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen
  • bessere medizinische Leistungen
  • schnellere Terminvergabe bei Fachärzten
  • keine Zuzahlungen im Krankenhaus und für verordnete Medikamente
35+ und die Risiken der privaten Krankenversicherung

Private Krankenversicherer berechnen die Prämien nach den Gesundheitskosten und der Lebenserwartung einer versicherten Person – anders als gesetzliche Kassen, welche das Einkommen heranziehen. Das bedeutet defintiv steigende Beiträge mit zunehmenden Lebensalter. Für Menschen mit Vorerkrankungen wird bereits die Gesundheitsprüfung beim Eintritt in die PKV zum Stresstest.

Prinzipiell müssen Versicherte im Verlauf ihrer Zugehörigkeit mit regelmäßig steigenden Beiträgen rechnen. Als Orientierung hat die Stiftung Warentest folgende Faustformel formuliert:

Selbstständige, die mit 35 Jahren in die PKV eintreten, müssen damit rechnen, dass sich ihr Beitrag bis zum Rentenalter verdreifachen wird.

Perspektivisch und branchenorientiert planen

Wer früh einsteigt und über genügend Rücklagen verfügt, ist in der PKV gut aufgehoben. Wer allerdings z.B. als Freiberufler ein unregelmäßiges Einkommen generiert und am Ende eines Erwerbslebens vermutlich kein Unternehmen verkaufen oder übergeben wird, sollte sich rechtzeitig für die GKV bzw. den Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden.

Gut zu wissen: Ein Wechsel zu einer anderen privaten Krankenversicherung (PKV) ist zumeist keine gute Alternative. Rückstellungen, welche die alte Versicherung für dich gebildet hat, gehen teilweise oder ganz verloren. Du musst dich außerdem einer neuen Gesundheitsprüfung unterziehen.

Selbstständig und GKV-willig? Dein Wechsel-Guide!

Schwierig, aber nicht unmöglich ist die Devise! Als Selbstständige/-r hast du zunächst kein Recht auf Rückkehr in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Zuerst muss ein Fall eintreten, der die Versicherungspflicht auslöst. Das passiert dann, wenn du z.B. als Angestellte/-r einen Arbeitsvertrag unterschreibst, die Selbstständigkeit ganz aufgibst oder nur noch nebenberuflich selbständig tätig bist.

In allen Fällen gilt: Du darfst beim Wechsel in die GKV noch nicht 55 Jahre alt sein.

Das sind deine Möglichkeiten für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung:

1. Du lässt dich im Hauptberuf anstellen 

Der einfachste Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung führt über eine Festanstellung. In deinem neuen Job musst du mehr als 520 Euro monatlich verdienen (Geringfügigkeitsgrenze), aber so wenig, dass du unter die Versicherungspflichtgrenze von 66.600 Euro (im Jahr 2023) beziehungsweise 69.300 Euro (im Jahr 2024) fällst. 

Kleiner Tipp: Angestelltsein und Selbstständig im Nebenerwerb ist ein funktionierender Kompromiss für Rückkehrende in die GKV. Voraussetzung hierfür ist, dass die abhängige Beschäftigung den Hauptteil deiner Einnahmen und Arbeitszeit ausmacht. Als Richtwerte gelten eine Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden pro Woche und ein Bruttoeinkommen von mehr als der halben Bezugsgröße für die Sozialversicherung. Im Jahr 2023 sind das 1.698 Euro (WEST) und 1.645 Euro (OST).

2. Angestellte senken ihr Gehalt ab

Angestellte, welche einen Wechsel in die GKV anstreben, können einige Kniffe anwenden, um ihr Jahresgehalt unter die Verdienstgrenze von 66.600 Euro (2023) bzw. 69.300 Euro (2024) zu bringen:

Wichtig: Wer bereits vor dem 31. Dezember 2002 privat versichert war, für den gilt eine besondere Grenze von 59.850 Euro (2023), ab 2024 steigt diese Grenze auf 62.100 Euro.

  • Brückenteilzeit: Erkunde dich bei deinem Arbeitgeber über „Brückenteilzeit“. Vielleicht kannst du temporär in Teilzeit gehen und so unter den Grenzwert rutschen. Das gilt vor allem für Betriebe mit über 45 Mitarbeitern.
  • Arbeitszeitkonto: Nutze ein Arbeitszeitkonto oder ein „Sabbatical/Sabbatjahr“, um Arbeitszeit für später anzusparen und so das aktuelle Gehalt zu verringern.
  • BAV: Lenke Teile deines Gehalts bis zu 3.504 Euro jährlich in eine betriebliche Altersversorgung um. Das kann 2023 deinen Bruttolohn senken.

3. Geschäftsaufgabe und Eintritt in die Fa­mi­lien­ver­si­che­rung 

Wenn du verheiratet bist und dein/-e Partner/-in gesetzlich versichert ist, kannst du über die Familienversicherung einen Wechsel in die GKV realisieren. Um von der Beitragsfreiheit zu profitieren, musst du zuvor allerdings dein Geschäft aufgeben.

Darüber hinaus kennt auch die Familienversicherung einige Auflagen. Dein Einkommen als Familienversicherte/-r darf z.B. bestimmte Grenzen nicht überschreiten:

Wenn du weniger als 585 Euro in einem sozialversicherungspflichtigen Job oder unter 520 Euro in einem Minijob verdienst oder nach Geschäftsschließung kein Einkommen hast, kannst du dich als Familienangehöriger gesetzlich versichern.

Fa­mi­lien­ver­si­che­rung und Pflegeversicherung

Wechselst du über die Fa­mi­lien­ver­si­che­rung in eine gesetzliche Kran­ken­kas­se, wirst du automatisch auch Mitglied in der gesetzlichen Pfle­ge­ver­si­che­rung. Ein Leistungsanspruch entsteht jedoch erst nach einer Vorversicherungszeit von zwei Jahren. Seit 2019 wird bei einem nahtlosen Übergang zwischen privater und gesetzlicher Pfle­ge­ver­si­che­rung auch die Vorversicherungszeit in der privaten Pflegepflichtversicherung angerechnet (§ 33 Abs. 3 SGB XI). So entstehen den meisten Versicherten keine Fehlzeiten und du bist im Ernstfall durchgehend abgesichert, falls eine Pflegebedürftigkeit eintritt.

4. Gib deine Selbstständigkeit (zunächst) auf und melde dich arbeitslos

Wenn du deine Selbständigkeit (zunächst) aufgibst und dich arbeitslos meldest, hast du ebenfalls die Möglichkeit, in die GKV zurückzukehren. Ab dem Tag der Arbeitslosmeldung unterliegst du automatisch der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies gilt jedoch nur, sofern du zuvor eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen hast.

freiwillige Arbeitslosenversicherung entscheidend

Geschäftsaufgabe und vorhandene freiwillige Arbeitslosenversicherung sind das Kombi-Ticket für eine Versicherungspflicht in der GKV. Wer nicht arbeitslosenversichert ist, hat lediglich Anspruch auf Bürgergeld und kann deshalb nur beim privaten Krankenversicherer in einen Sozialtarif wechseln:

Wichtig: Bist du vor 2009 privat versichert, kannst du in den oft günstigeren Standardtarif der PKV wechseln, der aber weniger bietet als der Basistarif. Wer später beigetreten ist, hat nur den Basistarif als Option. Ist dieser zu teuer, kann das Bürgergeld helfen: Die Kosten teilen sich dann zwischen dir und Einrichtungen wie dem Jobcenter.

5. Gehe kurzfristig ins Ausland

Du willst etwas ganz Neues wagen und kannst dir vorstellen deinen Lebensmittelpunkt zu verlagern? Kündige zuerst deine private Krankenversicherung in Deutschland, wechsle deinen Wohnsitz und gehe im Zielland mindestens 12 Monate als gesetzlich Krankenversicherte/-r deinem Tagwerk nach. 

In einigen EU-Staaten und Anrainern gibt es nur eine einzige, obligatorische Krankenversicherung für Selbstständige und Angestellte gleichermaßen, u.a. in Österreich, in der Schweiz, in den Niederlanden, Frankreich, Polen und Schweden.

Bei deiner anschließenden Rückkehr sind die gesetzlichen Kassen dazu verpflichtet, deinem Wunsch nach einer freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV zu entsprechen.

6. Melde dich beim Bundesfreiwilligendienst

Teilnehmer/-innen des Bundesfreiwilligendienstes (Dauer: 12 Monate) sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Einsatzmöglichkeiten sind in vielfältigen Ehrenämtern möglich, z.B. als Sanitäter/-in oder in der Kinderbetreuung. Bewerben darf sich jede und jeder, die sozial engagiert sind. Nimmst du im Anschluss an den Freiwilligen-Dienst erneut eine selbstständige Tätigkeit auf, darfst du als freiwilliges Mitglied weiterhin gesetzlich krankenversichert bleiben.

Zurück in die GKV: Dranbleiben lohnt sich

Du hast Stress mit der gesetzlichen Krankenversicherung? Wer von einer Krankenkasse – mutmaßlich zu Unrecht – abgelehnt wird, hat einen Monat Zeit, um diesem Bescheid zu widersprechen. Wird der Widerspruch ebenfalls abgelehnt, kannst du vor dem Sozialgericht dagegen klagen. Bei komplizierten Verfahren solltest du dir Rat und Unterstützung durch einen Fachanwalt für Sozialrecht einholen.

Eine objektive Beratung im Einzelfall bieten ganz allgemein die Verbraucherzentralen in deinem Bundesland.

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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