Arbeitsmarkt: Nicht alle profitieren von den guten Bedingungen
Fast ein Viertel aller Personen, die sich in Deutschland im Jahr 2012 selbstständig machten, haben einen Migrationshintergrund. In konkreten Zahlen sind das 184.000 Personen bzw. 22%. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Gründer mit Migrationshintergrund sogar um 15% gestiegen - und das bei einem allgemeinen Rückgang der Gründerzahlen um 11%. Dies ist ein zentrales Ergebnis der Sonderauswertung des KfW Gründungsmonitors 2012. „Viele Migranten, insbesondere wenn sie über keinen in Deutschland anerkannten Bildungs- und Berufsabschluss verfügen, konnten offenbar nicht in gleichem Maße von den guten Bedingungen am Arbeitsmarkt profitierten wie deutsche Gründer“, sagt Margarita Tchouvakhina, Abteilungsdirektorin bei der KfW Bankengruppe. „Sie lassen sich aber nicht entmutigen, sondern nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und wagen den Schritt in die Selbstständigkeit. Dadurch wird das Gründergeschehen hierzulande deutlich belebt.“
In ihren Geschäftsideen unterscheiden sich Migranten und Deutsche nur geringfügig. So gründen Migranten etwas häufiger im Team als deutsche Gründer und stellen deutlich öfter zu Beginn der Selbstständigkeit schon Mitarbeiter ein (48% gegenüber 27%). Sowohl Gründer mit Migrationshintergrund wie auch deutsche Startups bieten am häufigsten mit ihrem Unternehmen persönliche Dienstleistungen an. Ein Unterschied ist allerdings auffällig: Unter den Gründern mit Migrationshintergrund sind vergleichsweise häufig Personen zu finden, die als ihr Hauptmotiv für den Start angeben, eine – oft innovative – Geschäftsidee umzusetzen, und von Beginn an Mitarbeiter beschäftigen: Im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2011 liegt der Anteil dieser sogenannten Entrepreneure bei den Gründern mit Migrationshintergrund bei 24% Prozent, bei Deutschen hingegen lediglich bei 11%. „Entrepreneure sind in der Regel deutlich erfolgreicher als andere Gründungen. Sie geben wichtige Impulse für unsere Volkswirtschaft“, so Tchouvakhina.
Der Blick auf die Datenlage der Jahre 2008 bis 2011 zeigt, dass knapp ein Viertel aller Gründungen mit Migrationshintergrund durch Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit vollzogen werden fast jeder Zehnte kommt aus Russland. Mit Anteilen von jeweils 4% bis 5 % sind Österreicher, Polen, Italiener und Griechen die nächst größeren Gruppen. „Die Zuwanderung aus EU-Ländern, die von der Finanz- und Schuldenkrise schwer betroffen sind, hat sich im Jahr 2011 deutlich erhöht: Allein aus Griechenland kamen etwa 90% mehr Einwanderer, 52% mehr aus Spanien. Wir erwarten in den kommenden Jahren einen Anstieg der Gründungen durch diese Gruppen“, sagt Tchouvakhina. Für die Umsetzung ihres Gründungsvorhabens brachten Migranten etwas seltener als Deutsche Eigenkapital mit und benötigen in diesem Fall etwas häufiger externe Kapitalgeber. Dabei stoßen allerdings 24% (fast doppelt so viele wie deutsche Gründer) auf Schwierigkeiten: „Insbesondere bei Gründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus verstärken sich die strukturellen Nachteile von Gründern beim Zugang zu Finanzmitteln. Hinzu mögen nicht anerkannte Bildungs- und Berufsabschlüsse kommen, was die externen Kapitalgeber verständlicherweise restriktiver agieren lässt“, meint Tchouvakhina.