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MwSt.-Senkung in der Praxis: Mehraufwand kennen

Von Auspreisung bis Zahlungsabwicklung, die befristete Mehrwertsteuersenkung ab 1. Juli 2020 bedeutet für Unternehmer einen erheblichen Mehraufwand. Rechnungen müssen angepasst, Kassensysteme umgestellt und Steuerdaten den Änderungen konform übermittelt werden.

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Anpassungsstrategien: Mehrwertsteuersenkung praktisch vorbereiten

Das Bundeskabinett hat am Freitag weite Teile des zuvor von der Koalition vereinbarten Konjunkturpakets beschlossen. Dazu zählen auch die befristete Senkung der Mehrwertsteuer ab 1. Juli bis zum Ende des Jahres sowie weitere Steuererleichterungen und Abschreibungsmöglichkeiten für KMU.

Details zu den ebenfalls auf den Weg gebrachten Überbrückungshilfen für besonders betroffene Branchen blieben Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei der gemeinsamen Pressekonferenz einstweilen noch schuldig. Als proklamierte "Weiterentwicklung der Soforthilfen" werden diese vermutlich nun ebenfalls zeitnah und analog dem Vorgänger über die Landesförderbanken beantragbar sein.

Unterdessen soll die Mehrwertsteuersenkung den entscheidenden Impuls für eine Wiederankurbelung der deutschen Wirtschaft bilden oder wie Olaf Scholz es in Berlin ausdrückte, als eine "günstige Gelegenheit", zu der sich Konsumenten und Erzeuger nun "gemeinsam verabreden, um anzupacken". Dass diese "Verabredung zum Aufschwung" mit einem erheblichen Mehraufwand besonders für Händler, Gastronomen und die vielen kleinen und mittleren Betriebe in Deutschland verbunden ist, wurde am Freitag zur Pressekonferenz nur unzureichend deutlich.

Worauf du mit Stichtag 1. Juli 2020 in deinem Geschäftsbetrieb achten musst, erfährst du hier: 

  1. Auspreisen & Updaten: Als Händler musst du - analog und digital - dein gesamtes Sortiment neu auspreisen und dein Kassensystem und deine Buchhaltung updaten. Hier musst du prüfen, ob durch Einführung des Kassengesetzes zum Jahresbeginn dein System bereits modernisiert wurde und durch Herstellerupdates unkompliziert nachjustiert werden kann. Gleiches gilt wiederum zum Ende der befristeten Mehrwertsteuersenkung am 31.12.2020.
  2. Rechnungslegung anpassen: Du musst die angepasste Mehrwertsteuer in deiner Rechnungslegung berücksichtigen. Als Kleinunternehmer  kannst du diesen Fakt vernachlässigen. Bis zu einem Jahresumsatz von maximal 22.000 Euro bist du von der Umsatzsteuer befreit und musst deshalb auch keine Mehrwertsteuer ausweisen.
  3. Sonderregel für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe beachten: Als Betreiber einer Gaststätten- oder Beherbergungseinrichtung musst du die gewerblich orientierte Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen von 19% auf 7% immer in Kombination mit der generellen Mehrwertsteuersenkung des Konjunkturpakets ausweisen, da wo beide gemeinsam gelten. Du musst im zweiten Schritt auch das Ende der befristeten Mehrwertsteuersenkung im Blick behalten (31.12.2020). Dann musst du dein System erneut anpassen, denn die befristete MwSt.Senkung auf Speisen gilt noch länger, bis zum 30. Juni 2021.
  4. Teilleistungen sind umsatzsteuerpflichtig: Noch komlizierter wird der Fall für bereits erbrachte Teilleistungen. Hier musst du darauf achten, wann die Teilleistungen jeweils erfolgen, abgenommen und abgerechnet werden und dass zum jeweiligen Zeitunkt der korrekte Steuersatz - abgesenkt oder nicht - ausgewiesen und abgeführt wird. 
  5. Auch Dauerleistungserbringer profitieren: Wenn du Dauerleistungen ausführst, solltest du prüfen, ob eventuell umsatzsteuerpflichtige Teilleistungen erfolgen. Dann kannst du ebenfalls von der befristeten Mehrwertsteuersenkung profitieren. Ist dies der Fall, z.B. bei Miet- oder Leasingverträgen musst du deine Abrechnungen und Verträge korrigieren, um die jeweils korrekte Mehrwertsteuer auszuweisen.  
  6. Kulanzregel am Stichtag kennen: In einigen Branchen kannst du zum jeweiligen Wechseltag der Mehrwertsteuersenkung eine Kulanzregel nutzen und nach dem jeweils günstigeren Steuersatz deine Leistungen berechnen ( jeweils am 30. Juni zum 1. Juli sowie am 31. Dezember 2020 zum 1. Januar 2021). Dies betrifft z.B. Taxi- und Mietwagenunternehmen, sofern diese in der Nachtschicht keine anderen Rechnungen mit einem anderen Steuersatz ausschreiben. Aus Vereinfachungsgründen galt ein solches Entgegenkommen in der Vergangenheit auch gegenüber Gaststätten, nicht jedoch gegenüber Beherbergungseinrichtungen. Hier wird die Leistung erst zum Ende der Übernachtung hin fällig.
  7. Vorsicht bei Kauf und Umtausch: Besonderheiten gibt es außerdem beim Kauf und Umtausch von Waren, wenn diese in zwei unterschiedliche Zeiträume der Besteuerung fallen. Hier ist der Faktor "Lieferung" ausschlaggebend als Datum der erbrachten und damit steuerpflichtigen Leistung. Wenn der Vertrag zwar im steuerlich günstigeren Zeitraum zustande kam, dann aber reklamiert und die Lieferung im regulären Besteuerungszeitraum erfolgt, gilt auch dieser als für den Vertrag maßgeblich.

Ausführliche Fall- und Rechenbeispiele zur Mehrwertsteuersenkung im unternehmerischen Alltag findest du bei den Steuerexperten von HAUFE.

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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