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130 Milliarden EUR: Koalition beschließt Konjunkturpaket

Mehrwertsteuersenkung, Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge, Familienbonus: Das größte Konjunkturpaket der deutschen Nachkriegsgeschichte kommt. Nach langen Verhandlungen im Bundeskanzleramt haben die Spitzen von CDU/CSU und SPD einen klassischen Kompromiss erarbeitet. Es herrscht Einigkeit und Aufbruchstimmung unter den Koalitionären.

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Es herrscht Aufbruchstimmung im Bundeskanzleramt

Mit Wumms?: Alle Beschlussfassungen des Konjunkturpakets im Überblick

Nach einem zweitägigen Verhandlungsmarathon traten die Koalitionsspitzen am späten Mittwochabend gemeinsam vor die Presse, um die Beschlussfassungen im größten Konjunkturpaket der deutschen Nachkriegsgeschichte bekanntzugeben. Obwohl jeder der Partner zentrale Zugeständnisse machen musste, herrschte weitgehend Konsens unter den Verhandlungsführern, dass die Summe der gefundenen Ergebnisse den Kompromiss rechtfertige. Entstanden ist so ein umfassendes Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket sowie ein Zukunftspaket, das insgesamt 130 Milliarden Euro umfasst. 

Steuerliche Erleichterungen für Unternehmen, Investitionsanreize in Zukunftstechnologien und Klimaschutz, Maßnahmen zur sozialen Sicherung sowie Nachfrageimpulse für Verbraucher bilden die Eckpfeiler für den avisierten Aufschwung.

Konjunkturpaket II: Was wurde genau beschlossen?

  1. Mehrwertsteuersenkung: Vom 1. Juli 2020 bis zum 31.12. 2020 wird die Mehrwertsteuer zweifach gesenkt: Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz sinkt von 7 % auf 5 % und der Mehrwertsteuersatz für Konsumgüter von 19 % auf 16 %. (Finanzbedarf: 20 Mrd. Euro)
  2. Steuerliche Erleichterungen und Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen: Degressive Abschreibung für Investitionen im laufenden und folgenden Geschäftsjahr wird möglich gemacht. Du kannst z.B. die Kosten für Dienst- und Nutzfahrzeuge im Rahmen einer Flottenerneuerung abschreiben.
  3. Modernisierung der Körperschaftsteuer: Um die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu verbessern, wird das Körperschaftssteuerrecht modernisiert: u.a. durch ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags. (erhoffte Finanzwirkung: 0,3 Mrd. Euro)
  4. Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 %: Zur Verhinderung steigender Lohnnebenkosten wird eine Abgabenbremse für Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgesetzt. Die unter dem Namen "Sozialgarantie 2021" forcierte Verpflichtung soll die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer schützen sowie Arbeitgebern Verlässlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit sichern. Hierfür gilt für 2020 ein Finanzbedarf von 5,3 Mrd. Euro. Der Bedarf 2021 kann erst im Rahmen der HH-Aufstellung 2021 ermittelt werden.
  5. Deckelung der EEG-Umlage: Mithilfe von Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt wird die EEG-Umlage 2021 bei 6,5 ct/kwh und 2022 bei 6,0 ct/kwh gedeckelt. Damit sollen Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen vor explodierenden Stromkosten geschützt werden. (Finanzbedarf: 11 Mrd. Euro)
  6. Innovationsprämie für die Automobilindustrie: Käufer eines Elektroautos erhalten mithilfe der neuen Innovationsprämie künftig bis zu 6.000 Euro Zuschuss vom Staat. 
  7. Programm für branchenspezifische Überbrückungshilfen: Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen wird für Corona-bedingten Umsatzausfall ein Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt. Das Volumen des Programms wird auf maximal 25 Mrd. Euro festgelegt. Die Überbrückungshilfe wird für die Monate Juni bis August gewährt. Sie gilt generell branchenübergreifend, ein Fokus liegt jedoch auf besonders betroffenen Branchen wie z.B. das Hotel- und Gaststättengewerbe, Caterer, Kneipen, Clubs und Bars, als Sozialunternehmen geführte Übernachtungsstätten wie Jugendherbergen, Schullandheime, Träger von Jugendeinrichtungen des internationalen Jugendaustauschs, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Reisebüros, Profisportvereine der unteren Ligen, Schausteller, Unternehmen der Veranstaltungslogistik sowie Unternehmen im Bereich um Messeveranstaltungen. Wichtiger Hinweis: Auf Anfrage von Unternehmenswelt teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit, dass die Details der Überbrückungshilfe jetzt "mit Hochdruck" ausgearbeitet werden. Bis diese feststehen, bittet das BMWi Antragsteller noch um "etwas Geduld". Wir informieren dich hier rechtzeitig über die genauen Formalitäten und Ansprechpartner.
  8. Programm zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im Kulturbereich: 1 Milliarde Euro stellt die Bundesregierung für die Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur, Nothilfen, Mehrbedarfe von Einrichtungen und Projekten sowie die Förderung alternativer, auch digitaler Kultur-Angebote zur Verfügung.
  9. Bezug von Kurzarbeitergeld wird ab September 2020 neu geregelt: Eine im Vorfeld kommunizierte Verlängerung des Kurzarbeitergelds auf insgesamt 24 Monate wird einstweilen verschoben. Im September soll im Lichte der pandemischen Lage eine verlässliche Regelung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ab dem 1. Januar 2021 vorgelegt werden.
  10. Verlängerung Vereinfachter Zugang in die Grundsicherung:  Die bereits gefundenen Beschlüsse für den erleichterten Zugang in die Grundsicherung werden über die bisherige Geltungsdauer hinaus bis zum 30. September 2020 verlängert.
  11. Privatinsolvenz vereinfachen: Das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen wird auf drei Jahre verkürzt. Dadurch soll ein schneller Neustart nach einer Insolvenz erleichtert werden. 
  12. Kinderbonus von 300 Euro pro Kind: Mit einem einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind für jedes kindergeldberechtigte Kind sollen die besonders von den Einschränkungen betroffenen Familien unterstützt werden. Dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag vergleichbar dem Kindergeld verrechnet. Er wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Hierfür besteht ein Finanzbedarf von 4,3 Mrd. Euro.

Konjunkturpaket II: Was wurde verhandelt und konnte sich nicht durchsetzen?

Bei aller Einigkeit gab es zentrale Forderungen beider Parteien, die sich nicht durchsetzen konnten. Dazu zählen eine undifferenzierte Autokaufprämie, die besonders Koalitionspartner CSU im Verbund mit den Länderchefs aus Baden-Württemberg und Niedersachsen gefordert hatte. Auch die Altschuldentilgung der Kommunen, die ein Anliegen der SPD-Führung war, fand keine Mehrheit. Zur Stärkung der Kommunen und angesichts der dort ebenfalls auftretenden Steuerausfälle wird der Bund vielmehr dauerhaft weitere 25% und insgesamt bis zu 75% der Kosten der Unterkunft im bestehenden System der Grundsicherung übernehmen. Mit einem kommunalen Solidarpakt 2020 werden außerdem krisenbedingte Ausfälle der Gewerbesteuereinnahmen kompensiert. Dazu gewährt der Bund für 2020 den Gemeinden gemeinsam mit den zuständigen Ländern hälftig finanziert einen pauschalierten Ausgleich. 

Entstanden ist so nach Willen der Autoren ein Zukunftspaket mit Zukunftsinvestitionen (Wasserstoffstrategie, Digitalisierung) sowie Investitionen in Klimatechnologien und nachhaltige Landwirtschaft: „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen“, fasste Vizekanzler Olaf Scholz die Ergebnisse des Koalitionsausschusses selbstbewusst zusammen. Wer in diesem Zusammenhang besorgt über den finanziellen Spielrahmen sei, dem versicherte der Bundesfinanzminister anlässlich der Pressekonferenz mit hanseatischem Augenzwinkern, dass er in dieser Funktion "sehr genau aufpassen" werde. 

Auch CSU Chef Söder konzentrierte sich auf den Erfolg, den seine Partei erzielen konnte und betonte: „Die Mehrwertsteuersenkung ist das Herzstück. Sie ist eine der größten Steuersenkungen der letzten Jahrzehnte. Wir senden damit ein wichtiges Signal: Die CSU steht für die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger."

Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket: Quellen Link

Hier findest du alle Beschlussfassungen im größten Konjukturpaket der deutschen Nachriegsgeschichte vollständig aufgeführt.

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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