Ghost-Restaurants als Food-Trend und Franchise-System
Was sind Ghost-Restaurants?
Ghost-Restaurants verfügen im Kern lediglich über eigene oder angemietete Produktionsküchen, in denen ausschließlich für Online-Bestellungen gekocht wird. Je nach Ghost-Restaurant-Betreiber können teilweise unterschiedliche kulinarische Ausrichtungen mit nur einer Küche bedient werden. Zutaten, Rezepte, Abläufe und Verpackungen werden dabei speziell auf den Lieferprozess ausgerichtet. Ghost Restaurants können damit gegenüber stationären lokalen Ressourcen effizienter planen und höhere Margen im Liefersegment erreichen.
Von Indien in die USA bis nach Deutschland - Wie Ghost-Restaurants die Food-Branche umkrempeln
Ein Pionier der Ghost-Restaurants ist Rebel Foods. Das Unternehmen startete bereits 2011 in Indien mit diesem Food-Konzept und vereint heute unter seinem Dach 1.600 virtuelle Restaurants, deren Angebot man in mehr als 200 Produktionsküchen in 18 Städten bestellen kann. Die Green Summit Group erschloss kurz darauf im Jahr 2013 erstmals den US-amerikanischen Markt und beliefert mittlerweile an den Standorten New York und Chicago als selbst bezeichnet „Amazon of Restaurants“ eine stetig wachsende Online-Kundschaft. Laut den Analysten von Morgan Stanley Research handelt es sich dabei um ein äußerst lukratives Geschäft. Den prospektiven Umsatz von Online-Essenbestellungen beziffern diese auf 16 Mrd. USD im Jahr 2020. Dies ist eine Verdopplung seit 2017 mit stetigem Zuwachs über das Jahr 2020 hinaus. Die aufstrebenden Zahlen des US-Marktes geben eine ungefähre Vorstellung davon, was in Europa oder anderen Märkten neben regionalen Besonderheiten an Wachstumspotenzialen möglich sein kann. Expansiver Platzhirsch ist auf deutschem Boden bereits jetzt das Startup Keatz, das 2015 von Paul Gebhardt und Dimitrios Ploutarchos in Berlin gegründet wurde. Sechs verschiedene Food-Brands mit ihrem jeweiligen Angebot können aus einer der Keatz-Kitchen mithilfe von Lieferdiensten wie Deliveroo, Lieferheld oder pizza.de geordert werden.
Ghost-Restaurants als Franchise-System mit dem Anbieter Honest Food aus Berlin
Ghost-Restaurantbetreiber Honest Food ist ebenfalls in Berlin ansässig und seit 2017 am Markt dabei. Honest Food hat sein Ghost-Restaurant-Modell als Franchise-System aufgebaut. In großen Produktionsküchen stellt das Startup von Gründer Robin Steps und Sebastian Klein seine Gerichte her und verschickt die Produkte tiefgekühlt an Partnerrestaurants. Bei eingehenden Bestellungen für die jeweilige Brand tauen diese dann Saucen oder Fleisch auf und richten Frischekomponenten für die anschließende Lieferung an. Die Restaurants als Franchisenehmer behalten den Gesamtumsatz ein. Honest Food verdient über den Warenverkauf inklusive Verpackung und die Erhebung einer Franchise-Gebühr. Im DACH-Raum sind bereits mehr als 50 Restaurants als Franchisenehmer von Honest Food mit an Bord. Die von Honest Food entwickelten Food-Marken verdanken ihren Erfolg einerseits der Kreativität eines nach wie vor essentiellen Küchenpersonals, sowie IT-gestützter Analyse der Marktbewegungen und des Kundenfeedbacks.
Vor- und Nachteile einer Gründung im Bereich Ghost-Restaurants
Ob als Gründer mit eigenem Geschäftsplan oder als Partner eines etablierten Franchise-Systems, einige Vor- und Nachteile gilt es im Zuge einer Gründung oder partnerschaftlichen Zusammenarbeit in diesem gastronomischen Segment im Blick zu halten:
Vorteile
- Ghost-Restaurants können hohe Qualität zu einem relativ günstigen Preis anbieten, da keine für einen normalen Restaurantbetrieb erforderlichen Standortkosten anfallen.
- Ghost Restaurants sind nicht auf Laufkundschaft angewiesen.
- Ghost-Restaurants können ohne Vertrauensverlust beim Gast mehrere kulinarische Richtungen anbieten.
- Ghost-Restaurants skalieren gut und können mit attraktiver Kapitalförderung durch Risikokapitalgeber gepushed werden. Das Unternehmen Keatz aus Berlin hat unter Venture Capital-Firmen allein 12 Mio. USD einsammeln können und nutzt diese nun für seine Expansion in den europäischen Markt. Laut eigener Aussage ist Keatz „mit jedem Kauf profitabel. Im Idealfall verdienen wir zwischen fünf und 20 Prozent an einer Bestellung.“
- Durch Marktanalysen ermittelte Trends können schnell und ohne großen Ressourcen-Aufwand in den multiplen Küchen erprobt und ins Portfolio übernommen werden.
- Als Franchise-Geber nutzen Ghost-Restaurants die teils schwierige Zusammenarbeit zwischen Restaurants und Lieferdiensten zu ihren Gunsten. Hohe Provisionen und zusätzliche Verpackungskosten oder der zusätzliche Personalaufwand machen Online-Lieferungen für stationäre Restaurants nur bedingt lukrativ. Unternehmen wie Honest Food bieten ihren Partnern ein diese Belange aufgreifendes attraktives Gesamtkonzept.
- Stationäre Restaurants mit ausschließlich Abendbetrieb können via Untermiete ihre Küchenräumlichkeiten für Ghost Restaurants zur Verfügung stellen und dadurch zusätzliche Einnahmen generieren.
Nachteile
- Erschwerte Qualitätssicherung: Das Frische-Konzept von Ghost-Gerichten inklusive Verpackung muss die Distanz von Ausgabestelle bis Wohnungstür erfolgreich meistern. Angerichtetes Essen verliert mit jeder Minute und jedem gefahrenen Meter an Qualität.
- Ein profitables Geschäft ist nur durch Kombination verschiedener kulinarischer Stile und Marken möglich. Als Gründer bedeutet dies "den richtigen Gaumen" zur richtigen Zeit zu haben oder einen Brand-starken Franchise-Partner.
- Die Kommunikation mit Kunden erfolgt indirekt über verschiedene Kanäle und bedarf besonderer Pflege.
Lust auf Gründen mit Genuss?
Eine Checkliste zur Gründung in der Gastronomie haben wir Ihnen hier zusammengefasst.
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