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Corona-Mietminderung: Fallbeispiele vor Gericht

Unternehmen im Lockdown können eine "Störung der Geschäftsgrundlage" als Hebel für eine Mietminderung nutzen. Das sagen die Gerichte dazu. Die Neueinführung von Artikel 240 § 7 EGBGB stellt klar, dass COVID-19 induzierte Betriebsschließungen als "Störung der Geschäftsgrundlage" gemäß § 313 BGB zu bewerten sind. Ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs steht kurz bevor.

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Streitigkeiten gewerblicher Mieter klärt bald der Bundesgerichtshof

Mietminderung im Lockdown: Oberlandesgerichte sind zwiegespalten

Behördlich angeordnete Schließungen in der Corona-Krise können zu einer schwerwiegenden Veränderung der Grundlage gewerblicher Mietverträge im Sinne des § 313 BGB führen. Dies hat die Bundesregierung zum Jahresbeginn mit einer gefundenen Neuregelung im Einführungsgesetz des BGB klargestellt. Eine derartige "Störung der Geschäftsgrundlage" ist nicht nur anzuwenden auf aktuelle Beschränkungen aufgrund von Lockdown-Maßnahmen, sondern gilt gleichfalls für geltend gemachte Mietminderungen während der Monate April bis Juni 2020. 

Was betroffenen Unternehmen zunächst Hilfe und Hoffnung verspricht, bedeutet in der Praxis dennoch Verhandlungsbereitschaft unter allen Parteien. Kommt diese nicht zustande, bleibt nur der Gang vor Gericht. Auch hier hat die Bundesregierung dafür gesorgt, dass entsprechende Verfahren "vorrangig und beschleunigt zu behandeln" sind. 

Artikel 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. (2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Die vollständige Formulierung sowie alle Hintergründe zur Neuregelung findest du in unserem Beitrag über gewerbliche Mietminderung in der Corona-Krise.

Zwei Oberlandesgerichte (OLG) haben sich jetzt zur Streitfrage Corona-bedingter Mietminderungen positioniert und kommen jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen.

OLG Dresden: "Störung der Geschäftsgrundlage" wird anerkannt

In seinem Urteil (Az. 5 U 1782/20) vom 24. Februar gab das Oberlandesgericht Dresden einer Händlerin recht, die zuvor wegen ausbleibender Mietzahlungen von ihrem Vermieter verklagt worden war. Die Unternehmerin musste ihr Geschäft vom 18. März bis zum 19. April 2020 aufgrund des Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie schließen. Für diesen Zeitraum zahlte sie keine Miete. Als Begründung gab sie einen Mangel am Mietobjekt an. 

Das Gericht entschied nun zugunsten der Mieterin. Dabei orientierten sich die Richter allerdings nicht an der Begründung der Beklagten, sondern erkannten die staatlich angeordnete Schließung als eine "Störung der Geschäftsgrundlage" an. Keine der Vertragsparteien habe die Corona-Pandemie und deren Auswirkung vorhersehen können. Im Sinne einer ausgleichenden Risikoverteilung müssten deshalb die dadurch entstandenen Lasten auch gerecht verteilt werden. Die Halbierung der Kaltmiete für den Zeitraum der Schließung sahen die Richter in diesem Zusammenhang als angemessen an.

OLG Karlsruhe: "Sachmangel" durch Lockdown wird nicht anerkannt

Ebenfalls am 24. Februar urteilte das OLG Karlsruhe in einem ähnlichen Fall (Az. 7 U 109/20), allerdings mit konträrem Ausgang für den gewerblichen Mieter. Es handelte sich hierbei um den Betreiber einer KiK-Filiale, die aufgrund Corona-bedingter Anordnungen ebenfalls vom 18. März bis zum 19. April 2020 geschlossen bleiben musste. Mit der Begründung, dass diese Schließung einen Sachmangel darstelle, hatte der Unternehmer im April 2020 keine Miete gezahlt, woraufhin der Vermieter vor Gericht zog. In erster Instanz entschied bereits das Landgericht Heidelberg zugunsten des Klägers. Das OLG Karlruhe bekräftigte diese Einschätzung mit der Begründung, dass die Nutzbarkeit der Geschäftsräume als Lager- oder Verkaufsraum wie im Mietvertrag ursprünglich vereinbart, gleichbleibend gegeben sei.

Hinweis: Trotz der Neueinführung des Artikel 240 § 7 EGBGB hat die Bundesregierung klargestellt, dass allgemeine und mietrechtliche Gewährleistungs- und Gestaltungsrechte vorrangig gegenüber § 313 BGB ("Störung der Gechäftsgrundlage") zu behandeln sind. Eine Betriebsschließung infolge des Lockdown kann also auch einen Mangel im Sinne von § 536 BGB darstellen. Du musst dich im Zweifelsfall entscheiden, welcher Argumentationsweg am aussichtsreichsten erscheint, um das für dich beste Verhandlungsergebnis zu erzielen. Im Fall des Beklagten am OLG Karlsruhe brachte die Berufung auf  § 536 BGB zunächst nicht den gewünschten Erfolg.

Dies gab auch das OLG Karlsruhe zu bedenken, dessen Einschätzung zufolge eine "Störung der Geschäftsgrundlage" im spezifischen Fall grundsätzlich möglich gewesen sei. Um dies zu bestätigen, hätten jedoch weitere Umstände überprüft werden müssen, z.B. wie hoch die Einbußen genau waren, ob Kompensationen durch Einnahmen aus Online-Handel oder durch Corona-Hilfen erfolgt seien oder ob Kurzarbeitergeld geflossen ist. Da dies nach Aussage des Gerichts durch den Beklagten jedoch nicht in ausreichendem Maße vorgebracht werden konnte, entschieden die Richter im Sinne des Klägers und hielten die weitere Mietzahlung für zumutbar.

Der Einzelfall zählt: Das müssen Unternehmer jetzt beachten

Du beißt bei deinem Vermieter auf Granit? Wer den Rechtsweg beschreiten will, sollte sich diese ersten Urteile und Begründungen für corona-bedingte Mietminderungen gut merken und den weiteren Fortlauf der Rechtssprechung beobachten. Die Aktenzeichen geben dir hierbei Orientierung.

In beiden Fällen steht ein Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) aus und dieser wird den neu gefundenen Artikel 240 § 7 EGBGB besonders berücksichtigen müssen. Argumentierten die Landgerichte bisher maßgeblich nach dem Motto "Dein Unternehmen. Dein Risiko" könnte ein Grundsatzurteil zur Frage, wie genau die Risikoverteilung durch Belastungen in der Corona-Krise zwischen Mietern und Vermietern erfolgen soll und was eine faire Belastung für beide Parteien bedeutet, bald bevorstehen. Eine Bestätigung des BGH im Fall der verhandelten Mietsache vor dem Oberlandesgericht Dresden, wäre dann dein Präzedenzfall für eine corona-bedingte Mietminderung.

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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