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Vorsicht mit Perspektive: Die neuen Lockdown Regeln

Bis zum 7. März gilt ab sofort der Lockdown Long. Schulen, Kitas und Friseure dürfen früher öffnen. Handel und Gastronomie müssen weiter Geduld haben. Bund und Länder verlängern die Maßnahmen der Corona-Beschränkungen und geben Öffnungsperspektiven. Gleichzeitig startet die Antragstellung für die Überbrückungshilfe III.

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Berufstätige Eltern unter dauerhafter Doppelbelastung im Lockdown Long

Lockdown long: Diese Regeln gelten vorerst bis zum 7. März 2021

Die Anzahl der Neuinfektionen in Deutschalnd sinkt. Ein zuletzt bundesweiter Wert von unter 80 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner macht Hoffnung. In einigen Bundesländern rückt sogar die belastbare 50er-Inzidenz in greifbare Nähe. Diese zunächst positive Nachricht nach monatelangem Lockdown wird gleichzeitig gedämpft durch agressive Virusmutanten, die mittlerweile auch in vielen Regionen Deutschlands nachgewiesen sind.

Die Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Vorsitz der Bundeskanzlerin erneuerten deshalb am Mittwoch den Grundsatz "Wir bleiben Zuhause" und die weitere Gültigkeit bestehender Kontaktbeschränkungen vorerst bis zum 7. März. Gleichzeitig treten einige Neuerungen in Kraft, die Bürger, Eltern und Unternehmen berücksichtigen müssen. Das sind die neuen alten Regeln des Lockdown:

Corona-Lockdown: Was gilt weiterhin?

  • Tragen medizinischer Masken im öffentlichen Raum: Es besteht weiter die Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Geschäften.
  • Tragen medizinischer Masken in Innenräumen: Das Tragen medizinischer Masken wird darüber hinaus dringend in allen Situationen empfohlen, bei denen zwei oder mehr Personen in Innenräumen zusammenkommen.
  • Zusammenkunft ein Hausstand plus ein weiterer Hausstand ("Social Bubble"): Private Zusammenkünfte sind weiterhin nur im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Dabei trägt es erheblich zur Reduzierung des Infektionsrisikos bei, wenn die Zahl der Haushalte, aus der die weiteren Personen kommen, möglichst konstant und möglichst klein gehalten wird („social bubble“).
  • Corona-Arbeitsschutzverordnung: In allen Einrichtungen müssen Hygienekonzepte konsequent umgesetzt und vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse – etwa bezüglich Virusmutanten – gegebenenfalls angepasst werden.
  • Homeoffice-Gebot: Arbeit im Homeoffice ist gemäß Corona-Arbeitsschutzverordnung geboten, wo immer dies möglich ist.
  • Touristische Reisen auch Familienbesuche unterlassen: Nicht notwendige private Reisen und Besuche – auch von Verwandten – sind laut aktuellem Bund-Länderbeschluss "weiterhin zu unterlassen". Das gilt auch im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge.

Impfangebot  für jeden Bürger "bis zum Ende des Sommers (21. September 2021)"

Die Bundesregierung bedankt sich auch am Mittwoch noch eimal für das Durchhaltevermögen der Bevölkerung, deren Disziplin in der Einhaltung notwendiger Kontaktbeschränkungen entscheidend zum Rückgang der Infektionszahlen beigetragen habe. 

Gleichzeitig erneuert die Kanzlerin ihr Impfversprechen, denn nur eine zügige Impfung der Bevölkerung kann letztlich zur Normalisierung des Alltags und einer Rückkehr zu einem Leben ohne pandemiebedingte Einschränkungen führen:

Bund und Länder halten an dem Ziel fest, dass allen Bürgerinnen und Bürgern spätestens bis zum Ende des Sommers (21. September) ein Impfangebot gemacht werden kann. Dies ist nach Stand der aktuell von den Herstellern zugesagten Zulassungsdaten und Liefervolumen erreichbar.

- Auszug aus dem Bund-Länder-Beschluss vom 10. Februar 2021

Corona-Lockdown: Was gilt neu?

Neuregelungen des aktuellen Bund-Länder-Beschlusses betreffen besonders Eltern, das Friseurhandwerk sowie einzelne Gewerke und hier Perspektiven für den Einzelhandel sowie in Teilen Gastronomie und Veranstaltungswirtschaft. 

Die von den seit Monaten andauernden Schließungen betroffenen Unternehmen können ab sofort ihren Antrag auf Überbrückungshilfe III stellen. Im Programm der Neustarthilfe stellt die Bundesregierung weitere Mittel bereit.

Schulen und Kitas öffnen zum 1. März oder früher

Öffnungen im Betreuungs- und Bildungsbereich erklärt der Bund-Länderbeschluss zur Priorität. Grundsätzlich in der Eigenverantwortung der Bundesländer liegend formuliert die MP-Konferenz eine klare Öffnungsperspektive für Schulen und Kitas.

Die Länder entscheiden im Rahmen ihrer Kultushoheit über die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht und die Ausweitung des Angebots der Kindertagesbetreuung. Während einige Bundesländer bereits Öffnungen für Grundschulen und Kitas ab dem 15. Februar angekündigt haben (Sachsen), wählen Schleswig-Holstein oder Bayern z.B. den 22. Februar als Start für u.a. den geplanten Wechselunterricht zwischen Grundschülern und Abschlussklassen.

Der 1. März gilt aktuell als spätester Termin für eine bundesweite Öffnung von Schulen und Kitas. Für den genauen Öffnungstermin gilt deine Landesverordnung als maßgeblich.

Friseure öffnen zum 1. März

Freuen dürfen sich Friseurbetriebe, die in den vergangenen Wochen Druck auf die Bundesregierung ausgeübt hatten. Fehlende Einnahmen und ausbleibende November- und Dezemberhilfen brachten viele kleine Betriebe zuletzt an den Rand der Insolvenz. Ab 1. März dürfen Friseurbetriebe nun wieder öffnen. Es gelten:

  • Auflagen zur Hygiene,
  • Auflagen zur Steuerung des Zutritts (Reservierungen) sowie 
  • die Pflicht zur Nutzung medizinischer Masken.

Während sich Kosmetikbetriebe und Nagelstudios fragen, warum offenbar unterschiedliche Regeln für die Öffnung körpernaher Dienstleister gelten, argumentiert die Bundesregierung unter Berufung auf Aspekte der "Menschenwürde" vor allem sozial:

Vor dem Hintergrund der Bedeutung von Friseuren für die Körperhygiene und der jetzt bereits seit längerem bestehenden Schließung erscheint es erforderlich, die Inanspruchnahme zu ermöglichen, da erhebliche Teile der Bevölkerung, insbesondere ältere Menschen, auf diese angewiesen sind.

- Auszug aus dem Bund-Länderbeschluss vom 10. Februar

Schleswig-Holstein geht hier einen eigenen Weg. MP Daniel Günther kündigte an, dass neben den Friseurgeschäften auch Blumenläden, Nagelstudios und Baumärkte ab 1. März wieder öffnen dürfen. Auch Sportanlagen und Zoos werden in Schleswig-Holstein bereits zum 1. März geöffnet.

Handel, Museen und körpernahe Dienstleister öffnen bei weniger als 35 Neuinfektionen

Einzelhandelsgeschäfte müssen weiterhin geschlossen bleiben. Erst ab "einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner" sollen die Länder weitere Öffnungsschritte einleiten.

Diese sollen sich dann auf "die Öffnung des Einzelhandels mit einer Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 20 qm" konzentrieren und "die Öffnung von Museen und Galerien sowie die Öffnung der noch geschlossenen körpernahen Dienstleistungsbetriebe".

Keine klare Öffnungsperspektive für Gastronomie und Veranstaltungswirtschaft 

Gastronomie oder Eventwirtschaft können ihre Öffnungsstrategien wiederum an kein konkretes Datum oder einen Inizidenzwert knüpfen. Im aktuellen Bund-Länderbeschluss wird lediglich darauf hingewiesen, dass "Bund und Länder weiter an der Entwicklung nächster Schritte der sicheren und gerechten Öffnungsstrategie hinsichtlich der
Kontaktbeschränkungen, von Kultur, Sport in Gruppen, Freizeit, Gastronomie und Hotelgewerbe" arbeiten. 

Entsprechende Planungsperspektiven würden derzeit in einer speziellen Arbeitsgruppe "auf Ebene des Chefs des Bundeskanzleramtes und der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien" entwickelt.

Überbrückungshilfe III: Antragstellung startet

Seit heute ist die Antragstellung für die Überbrückungshilfe III möglich, damit beginnt in den nächsten Tagen die Auszahlung mit großzügigen Abschlagszahlungen (bis 100.000 Euro je Monat, maximal 400.000 Euro im automatisierten Verfahren für vier Monate).

- Bund-Länder-Beschluss vom 10. Februar

Die Bundesregierung, die zuletzt mit stockenden November- und Dezemberhilfen den Unmut vieler Antragsteller auf sich zog, hat die Lehren aus ihrem Krisenmanagement gezogen und die Bedingungen der November- und Dezemberhilfen noch einmal verbessert und auch im Programm der Überbrückungshilfe III für weitere Erleichterungen gesorgt.

Eine weitere Milliarde Euro soll im Rettungs- und Zukunfts-Programm "Neustart Kultur" für Kreative und Kulturschaffende "zügig zur Auszahlung gebracht werden". 

Zwischen Zustimmung und Kritik: Stimmen zum Corona-Gipfel

Die Meinungen über die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen gehen in der Debatte deutlich auseinander. Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Credo "Vorsicht mit Perspektive" erfüllt sieht, bezweifeln Vertreter aus Wirtschaft und Politik die Konsequenz und Weitsicht der gefundenen Maßnahmen. 

Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin der FAZ in Berlin bescheinigt Kanzlerin und MPs ein Krisenmanangement, das in der freien Wirtschaft undenkbar sei:

Wäre die Runde aus den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin der Vorstand eines Unternehmens, man würde den Kopf schütteln angesichts dieses Mangels an Konzepten und auch an Mut, die ausgetretenen Wege zu verlassen. Vor einem Jahr, als Corona noch eine große Unbekannte war, blieb der Politik nichts anderes übrig, als möglichst viel von dem zu verbieten, was Menschen zum Verlassen ihrer Wohnung bewegt. Aber dass dies nach bald zwölf Monaten Pandemie immer noch die vorherrschende Strategie sein soll, ist schwerlich nachvollziehbar.

- Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin in Berlin, in einem Beitrag für Frankfurter Allgemeine Zeitung

Denkt man an die klaren Strategiepapiere, die einige Bundesländer durchaus vorgelegt hatten und die offenkundig keinen Eingang in die Beschlussfassung fanden (SH-Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) spricht immerhin von "70 Prozent"), bringt der aktuelle Bund-Länder-Beschluss tatsächlich nicht viel Neues. 

In der Debatte im Bundestag über den Umgang mit der Pandemie geht auch die Opposition hart mit der Kanzlerin ins Gericht. Viele den Alltag der Menschen erleichternde und gleichzeitig Unternehmen unterstützende Maßnahmen seien bis heute nicht umgesetzt. Christian Lindner (FDP) erinnert am Donnerstag unermüdlich an die seit Monaten vorgeschlagenen "Taxi-Gutscheine" für vulnerable Gruppen. Ein ganz praktischer Vorschlag, der im historischen Winter, den Deutschland vergegenwärtigt, ungebrochen aktuell ist. Nach einem Jahr Erfahrung im Umgang mit der Pandemie seien die gefundenen Beschlüsse laut Lindner alles andere als "alternativlos".

Viele Menschen haben sich mehr erwartet als einen frischen Haarschnitt.

- Christian Lindner (FDP) 

Bündnis 90/Grüne kritisierten fehlende Flexibilität im Bereich Bildung. Warum würden alternative Schulungskonzepte nicht stärker umgesetzt, z.B. unter Einbeziehung von Freiberuflern der Kreativ- und Sozialbranchen mahnte Katrin Göring-Eckardt im Rahmen der Bundestagsdebatte.

Dietmar Bartsch (Die Linke) erinnerte an ein Thema, das bislang noch keinem Corona-Gipfel vorstand. Wie geht die Bundesregierung mit dem Corona-Sterben in den Altenheimen um? Welche Versäumnisse hat es hier gegeben? Wie muss mit Impfverweigerern unter Pflegepersonal umgegangen werden?

Auch nach dem aktuellen Bund-Länder-Beschluss bleiben viele Fragen unbeantwortet.

Lockdown Longer oder Open Up?: Nächster Corona-Gipfel am 3. März 2021

Die jetzt gefundenen Reglen gelten bundesweit bis zum 7. März 2021. Anlässlich des nächsten Corona-Gipfels am 3. März 2021 werden sich Bundeskanzlerin, Ministerpräsidentinnen und Regierungschefs der Länder erneut beraten. 

News zu Corona-Hilfen und Regeln für Unternehmer und Arbeitgeber

Überbrückungshilfe & Neustarthilfe: Bund bessert nach

Einzelhandel und Reisewirtschaft profitieren von der neuen Überbrückungshilfe III. Künstler und Kreative erhalten bis zu 7.500 EUR Neustarthilfe. Die Bundesregierung bringt weitere umfangreiche Corona-Hilfen an den Start. Lies hier die wichtigsten Änderungen, die Antragsteller berücksichtigen müssen.

Mehr Flexibilität bei November- und Dezemberhilfe

Neue Erleichterungen bei November- und Dezemberhilfen: Beihilfen-Wahlrecht für Unternehmer, Schadensausgleichsregelung für entgangene Gewinne u.v.m. Das BMWi und die Finanzminister der Bundesländer wollen die Corona-Hilfen noch flexibler gestalten. Die EU hat dafür nun grünes Licht gegeben.

Kinderkrankengeld: Das müssen Arbeitgeber wissen

Im Fall pandemiebedingter Kita- und Schulschließungen erhalten Eltern mehr Kinderkrankentage und Kinderkrankengeld. Was bedeutet das für Arbeitgeber? Wie lang dürfen Arbeitnehmer zusätzliche Kinderkrankentage in Anspruch nehmen? Sind Teilzeitbeschäftigte und Minijobber anspruchsberechtigt? Wer hat Recht auf bezahlte Freistellung? Wir klären auf.

Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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