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Sozialschutz-Paket: Deine Fragen zur Grundsicherung

Viele Einzelunternehmer und Freiberufler, die keine hohen Betriebsausgaben verzeichnen, profitieren nicht von den Soforthilfen der Bundesregierung in der Corona-Krise. Sie sollen Grundsicherung beantragen. Dass du hierfür deine Selbstständigkeit aufgeben musst, ist ein häufiger Irrtum.

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Soll ich das wirklich machen?: Die Vorteile der Corona-Grundsicherung

Viele Soloselbstständige und Freiberufler, die nicht von den an allgemeinen Betriebsausgaben orientierten Soforthilfen der Bundesregierung profitieren, müssen ihre Verdienstausfälle in der Corona-Krise auf anderen Wegen ausgleichen. Abseits der sich teilweise abzeichnenden Regionalinitiativen einzelner Länder und Kommunen wie Hamburg oder Berlin, die für die eigene Kunst- und Kreativszene spezielle Hilfsfonds aufgesetzt haben, bleibt vielen Freiberuflern in Deutschland aktuell "nur" der Zugang zur Grundsicherung. Die psychologische Hemmschwelle, die mancher dabei verspüren mag, ist ungleich höher, als die tatsächlichen Zugangsbedingungen, welche die Bundesregierung im Rahmen des Sozialschutz-Pakets Ende März erheblich vereinfacht hat. Diese gelten für alle ab dem 01.03.2020 bis einschließlich zum 30.06. 2020 gestellten Neuanträge. 

Du solltest dich nicht scheuen, deine in der derzeitigen Corona-Krise entstandenen Verdienstausfälle mithilfe der Grundsicherung auszugleichen, um deinen Lebensunterhalt zu sichern. Dadurch verschaffst du dir eine finanzielle Basis und notwendige Ruhe für mindestens sechs Monate. Solange profitierst du in jedem Fall von den jetzt beschlossenen Erleichterungen für Selbstständige und Freiberufler:

  • Alles, was es kostet: Deine Aufwendungen für Miete, Nebenkosten sowie Heizkosten werden für die ersten 6 Monate in ihrer tatsächlichen Höhe anerkannt.
  • Keine Vermögensprüfung: Die Vermögensprüfung entfällt für die ersten 6 Monate des Leistungsbezugs.
  • Dein Status bleibt unberührt: Du musst deine Selbstständigkeit nicht! aufgeben.
  • Nutze gewonnene Zeit: Der Vorteil der Grundsicherung ist auch, dass sie dir Zeit verschafft, um in Ruhe dein Geschäftsmodell den gegebenen Bedingungen anzupassen oder neue Komepetenzen aufzubauen, um gestärkter aus dieser Krise hervorzugehen. Unterstützung verspricht dir eine Unternehmensberatung mit 100% staatlichem Zuschuss im Wert von bis zu 4000 EUR, die du hier buchen kannst.

Auch wenn der Bürokratieaufwand im ersten Schritt gleichbleibend umfangreich ist und du dich durch Antragsformulare, Anlagen und Ausfüllhinweise kämpfen musst, in der aktuell noch instabilen Krisensituation, verspricht dir die Grundsicherung Stabilität und mittelfristigen Spielraum, die du nutzen solltest.

FAQ Corona-Grundsicherung: Anspruch, Höhe & Antragstellung

Wann habe ich einen Anspruch auf Grundsicherung?

Egal, welche Beschäftigung du ausübst oder ob du überhaupt einer Beschäftigung nachgehst, alle Personen zwischen 15 und 65 Jahren, die grundsätzlich erwerbsfähig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sind anspruchsberechtigt auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Als arbeitsfähig gilt, wer mindestens drei Stunden täglich arbeiten kann. 

Muss ich meine Selbstständigkeit aufgeben?

Mißverständlich für manche und im Alltag mit deinem individuellen Sachbearbeiter u.U. hart zu kommunizieren ist die Tatsache, dass du zwar sehr wohl arbeitsfähig, aber eben nicht arbeitssuchend bist. Du musst deine Selbstständigkeit nicht aufgeben, sondern kannst sie ungeachtet deiner Ausnahmesituation fortführen. Sobald die Bundesregierung Lockerungen der Kontaktbeschränkugen vornimmt, von denen du als freischaffender Künstler, Musiker, Physiotherapeut oder Diplompädagoge im sozialen Bereich profitierst, kannst du im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen auch langsam dein Business wieder hochfahren.

Welche Leistungen werden vom Jobcenter übernommen?

Die Grundsicherung setzt sich aus einem gesetzlich definierten Regelbedarf zusammen, sowie Kosten für deine Wohnung einschließlich Neben- und Heizkosten. Darüber hinaus werden Beiträge zur Krankenversicherung sowie etwaige "Mehrbedarfe“ berechnet, die eventuell für eine besondere Ernährung aus Krankheitsgründen anfallen.

Wie hoch ist der Regelbedarf?

Die Regelbedarfe werden jedes Jahr zum 1. Januar angepasst. Aktuell gelten folgende Richtwerte in Abhängigkeit deiner Lebens- und Wohnsituation:

  • Für Alleinstehende und Alleinerziehende gilt 2020 ein Regelbedarf von 432 EUR.
  • Für volljährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft gilt aktuell ein Regelbedarf von 389 EUR.
  • Volljährige bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (18–24 Jahre) können 345 EUR Regelbedarf geltend machen.

Leben Kinder im Haushalt, richtet sich die Höhe des Regelbedarfs an der Altersgrenze wie folgt:

  • Kinder/Jugendliche im 15. Lebensjahr bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (14–17 Jahre): 328 EUR Regelbedarf
  • Kinder ab Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (6–13 Jahre) : 308 EUR Regelbedarf
  • Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (0–5 Jahre) : 250 EUR Regelbedarf

Wie lange erhalte ich Grundsicherung?

Die erleichterten Zugangsbedingugen gelten für Anträge, die zwischen dem 01.03.2020 bis einschließlich zum 30.06. 2020 neu gestellt werden und sind wirksam für die ersten 6 Monate des Leistungsbezugs.

Grundsätzlich bewilligt die Agentur für Arbeit Grundsicherung für insgesamt 12 Monate. Da der Gesetzgeber allerdings den Verzicht auf eine Vermögensprüfung auf eben sechs Monate beschränkt, wird auch dein Antrag nach sechs Monaten neu geprüft und u.U. neu bewertet. 

Aber was danach?: Ruhig bleiben!

Wurden dir im ersten Schritt deine Wohnkosten in tatsächlicher Höhe anerkannt, kann die Agentur nach Ablauf der 6 Monate Erstbewilligung nicht ohne weiteres von dir verlangen umzuziehen, sollte festgestellt werden, dass deine Kosten die gesetzlichen Höchstgrenzen überschreiten. Das Jobcenter muss dich grundsätzlich erst einmal darüber infomieren, dass eine Überschreitung der Angemessenheitsgrenze vorliegt. Du erhältst dann Gelegenheit deine Kosten zu senken oder glaubhaft zu versichern, dass eine Senkung unmöglich ist. Gelingt dir dies, werden dir die zwar unangemessenen aber tatsächlichen Kosten für Wohnung und Nebenkosten weiterhin und in der Regel für längstens sechs Monate anerkannt. Das heisst, du profitierst in jedem Fall maximal ein ganzes Jahr von einer Anerkennung der tatsächlichen Kosten für deine Unterkunft.

Wird mein Vermögen hinzugerechnet?

Wenn du in deinem Antrag erklärst, dass du über "kein erhebliches Vermögen" verfügst, verzichtet das Jobcenter für die ersten sechs Monate des Leistungsbezugs auf eine Vermögensprüfung. Die Höchstgrenze für Barmittel oder sonstige liquide Mittel wie Girokonten, Sparbücher, Schmuck, Aktien oder Lebensversicherungen liegt für das erste Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bei 60.000 Euro. Jedes weitere Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft darf über maximal 30.000 EUR Vermögen frei verfügen. Maßgeblich für den Bewertungszeitraum ist immer der Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums. Wenn du z.B. heute deinen Antrag stellst, wird dieser rückwirkend zum 1. April bewilligt und die Vermögensprüfung entfällt ebenso für den Zeitraum von 1. April bis 30. September 2020.

Gilt weiterhin das Prinzip der Bedarfsgemeinschaft?

Leider ist nach wie vor die Bedarfsgemeinschaft, also alle im Haushalt lebenden Personen, maßgeblich für die Berechnung des Regelbedarfs und damit auch zur Beantwortung der Frage, ob nicht eventuell dein Partner zunächst für dich aufkommen muss. Verdient Sie oder er soviel, dass der Lebensunterhalt von euch beiden sichergestellt ist, hast du keinen Anspruch auf Grundsicherung. Gleiches gilt auch für dein Vermögen, denn Verzicht auf Vermögensprüfung heißt nicht Verzicht auf Kassennachschau. Der Abgleich mit Behörden und Finanzdienstleistern ermöglicht den Jobcentern schnell das Aufspüren versteckter Einnahmen oder Konten.

Zur Bedarfsgemeinschaft zählen auch Kinder: Je nach Alter liegt der Regelbedarf wie eingangs erwähnt zwischen 250 und 345 Euro. Kindergeld gilt als Einkommen und wird auf den Regelbedarf angerechnet.

Übernimmt das Jobcenter auch Betriebskosten?

Betriebskosten sind in der Grundsicherung nicht erfasst. Du kannst Ausgaben für ein Studio oder Atelier und/oder sonstige laufende Betriebskosten allerdings von deinem Einkommen abziehen. Dadurch erhöht sich auch dein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen.

Wie stelle ich einen Antrag auf Grundsicherung?

Stell deinen Antrag telefonisch, per E-Mail oder per Brief. Dein vereinfachtes Antragsformular, alle Anlagen und die für Selbstständige wichtige vereinfachte Anlage KAS stehen online bereit. Die Anlage KAS fasst auf zwei Seiten Angaben zu deinem Einkommen als Betriebseinnahmen und -ausgabenaufstellung zusammen. Wenn du aktuell keine monatlichen Einkünfte verzeichnest oder erwartest, trägst du einfach bei Einnahmen die Ziffer "Null" ein.

Den vereinfachten Antrag auf Grundsicherung und die Anlage KAS kannst du hier downloaden.

Das Antragsaufkommen ist hoch und vielleicht musst du dich etwas in Geduld üben. Prinzipiell werden die Leistungen zur Grundsicherung immer einen Kalendertag vor dem Anspruchsmonat ausgezahlt.

Kann ich parallel Grundsicherung und Soforthilfe beantragen?

Du kannst alle Möglichkeiten ausloten und auch einen Antrag auf Bundeshilfen oder Landeshilfen im Rahmen des Corona-Soforthilfenprogramms stellen. Fakt ist jedoch, dass eine Doppelförderung ausgeschlossen ist. Jetzt und auch rückwirkend prüfen die Jobcenter, ob du eventuell Zuschussleistungen beziehst oder bezogen hast und dich damit strafbar machst. 

...Ich habe doch noch eine Frage!

Die Bundesagentur für Arbeit hat eine gebührenfreie Telefon-Hotline zur Corona-Grundsicherung eingerichtet. Unter 0800 4 5555 23 kannst du dich individuell an einen Mitarbeiter wenden. Sämtliche Maßnahmen des Sozialschutz-Pakets kannst du auf der Website des BMAS nachlesen und downloaden.

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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