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Corona-Gipfel: Hilfen, Unternehmerlohn, Steuern

Corona-Gipfel Beschlüsse: Hotspotstrategie, erweiterte Maskenpflicht, Sperrstunde, aber auch verlängerte Überbrückungshilfen bis zum 30. Juni 2021. Während die Infektionszahlen in Deutschland Höchstwerte erreichen, sinkt gleichzeitig das Bruttoinlandsprodukt. Das sind die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Virusausbreitung und dessen wirtschaftliche Folgen.

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Corona im Herbst: Verluste vs. Vertrauen

Corona-Gipfel am 14. Oktober 2020: Die Beschlüsse im Überblick

Die Zahl der innerhalb eines Tages mit dem Coronavirus neu infizierten Menschen in Deutschland erreicht neue Höchststände. Am Donnerstagmorgen meldete das Robert-Koch-Institut insgesamt 6638 Neuinfektionen. Dies sind rund 1500 mehr als noch am Mittwoch (5132 gemeldete Fälle). Der Corona-Herbst hält Einzug und weckt ungute Erinnerungen an ähnliche Zahlen im März.

Seit 14 Uhr tagten Kanzler und Ministerpräsidenten, um erst am späten Mittwochabend vor die Presse zu treten. Man befinde sich in einer "entscheidenden und kritischen Phase" mahnte Merkel. "Wir sind dem zweiten Lockdown eigentlich viel näher, als wir es wahrhaben wollen“, erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Trotzdem könne man "gegen das Virus ankämpfen":

"Es ist ganz wichtig, dass alle mitmachen" Bundeskanzler Angela Merkel (CDU)

Es liege jetzt viel in der Verantwortung jedes Einzelnen die Regeln der Corona-Maßnahmen im Alltag umzusetzen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Das bedeutet für Unternehmen weitere Einschränkungen, eine erhöhte Fürsorgepflicht, aber auch Nachbesserungen bei den Unterstützungsleistungen aus Corona-Schutzschirm und Konjunkturpaket. Dazu zählen besonders eine Erweiterung und Verlängerung der Überbrückungshilfen, weitere steuerliche Erleichterungen sowie bessere Hilfen für Soloselbstständige.

Das Schlimmste unbedingt verhindern 

"Eine Rückkehr zu solchen umfassenden Beschränkungen (Anm. d. Red.: Lockdown) wollen Bund und Länder unter allen Umständen vermeiden. Es gilt, neben dem Gesundheitswesen auch prioritär die Bereiche Bildung und Betreuung aufrecht zu erhalten sowie die Erholung der deutschen Wirtschaft nicht zu gefährden." - Beschlusspapier Corona-Gipfel 14.10.2020 

Damit dies gelingt, haben Bund und Länder jetzt folgende bundeseinheitlichen Maßnahmen und Regeln beschlossen:

  • Kontaktbeschränkungen: Bei steigenden Infektionszahlen und spätestens ab einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche soll eine Teilnehmerbegrenzung bei 25 Teilnehmern im öffentlichen und 15 Teilnehmern im privaten Raum gelten.
  • Erweiterte Maskenpflicht im öffentlichen Raum: Allgemein dort, wo die Infektionszahlen steigen und spätestens bei einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche soll an diesen "Hotspots" eine ergänzende Maskenpflicht im öffentlichen Raum eingeführt werden. 
  • AHA+AL Regeln: Einhaltung der AHA+AL Regeln: "Abstand-Hygiene-Atemmaske-Corona WarnApp-Lüften" als die wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Eindämmung des Infektionsgeschehens.
  • Sperrstunde ab 23 Uhr: Dort, wo die Infektionszahlen kontinuierlich steigen und insbesondere bei steigenden Infektionszahlen oberhalb einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche führen Bund und Länder eine Sperrstunde in der Gastronomie ein sowie zusätzliche Auflagen und Kontrollen.
  • #ALARMSTUFEROT Teilnahmebegrenzung bei Events: Allgemein dort, wo die Infektionszahlen steigen und spätestens bei einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche soll die Zahl der Teilnehmer bei Veranstaltungen weiter begrenzt werden. Ausnahmen bedürfen eines mit dem zuständigen Gesundheitsamt abgestimmten Hygienekonzeptes.
  • Telefonische Krankschreibungen: Der Gemeinsame Bundesausschuss aus Ärzten und Krankenkassen hat zudem beschlossen, dass telefonische Krankschreibungen wegen Erkältungsbeschwerden wieder möglich sein sollen.

Beherbergungsverbot bleibt bestehen: Neubewertung am 8. November

Eine im Vorfeld aus Gastronomie- und Hotelerieverbänden geforderte bundeseinheitliche Aufhebung des Beherbergungsverbots  konnte sich nicht durchsetzen.

Bund und Länder fordern alle Bürger vielmehr "eindringlich" dazu auf, "nicht erforderliche innerdeutsche Reisen in Gebiete und aus Gebieten heraus, welche die Grenze 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der letzten 7 Tage übersteigen, zu vermeiden".

Betroffene Urlauber und Veranstalter sowie Beherbungsbetriebe verweist die Kommission auf eine Neubewertung am 8. November. Erst dann wolle man "im Lichte der Erfahrungen" und angesichts "des weiteren Verlaufs des Infektionsgeschehens" eine "möglichst einheitliche Anschlussregelung" finden.

Dass diese Entscheidung auf das Ende der Herbstferien vertagt wurde, trifft Reisende und die Hospitality Branche hart. War man zunächst den Aufforderungen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gefolgt und hat seinen Herbsturlaub in Deutschland gebucht, kann man sich jetzt in vielen Regionen nur bedingt darüber freuen.

Lockdown lässt grüßen?: "Ob das heute genug war, werden wir sehen."

Bund und Länder rufen den Countdown aus und setzen stark auf ein Erfolgstracking der verabschiedeten Maßnahmen. Kanzler und Minister erklären die nächsten Tage als entscheidend dafür, ob eine weitere Verschärfung vermieden werden könne oder eben nicht.

Sollte es nicht gelingen, den Anstieg der Infektionszahlen unter den gefundenen Maßnahmen "spätestens binnen 10 Tagen zum Stillstand" zu bewegen, seien weitere gezielte Beschränkungsschritte unvermeidlich, um öffentliche Kontakte weitergehend zu reduzieren. 

Dies könnten dann im ersten Schritt noch strengere Kontaktbeschränkungen für den Aufenthalt im öffentlichen Raum sein, ganz konkret die Zusammenkunft mit nurmehr 5 Personen oder den Angehörigen von maximal zwei Hausständen.

Verlängerung der Überbrückungshilfen bis 30. Juni 2021 geplant

Vorerst keine größeren Veranstaltungen, Sperrstunde und Kontaktbeschränkungen. Gleichzeitig verschärfte Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung von Verordnungen: Gastronomie, Veranstaltungswirtschaft und die Tourismusbranche sind von den Maßnahmen besonders betroffene Branchen. 

Die Entscheidungen des Corona-Gipfels dämpfen die Erwartungen an ein baldiges Erholen der deutschen Wirtschaft auf Vorkrisenniveau. Gleichzeitig legten die führenden deutschen Konjunkturinstitute am Mittwoch ihr Herbstgutachten vor. Die Prognose für die deutsche Wirtschaft fällt deutlich weniger optimistisch aus, als noch im Frühjahr. Demnach erwarten die Analysten einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,4 Prozent in 2020 und einen Zuwachs von 4,7 Prozent im kommenden Jahr. (Vgl. Prognose Frühjahr 2020: Rückgang des BIP um 4,2 Prozent; prognostizierter Zuwachs des BIP 2021 um 5,8 Prozent).

Schuld für die Verschlechterung der Prognose seien die Unsicherheiten über den weiteren Virusverlauf sowie ein möglicherweise drohender Lockdown und dessen Folgen. 

Jetzt Überbrückungshilfe beantragen

Du kannst ab sofort für Phase 2 der Überbrückungshilfen deinen Antrag stellen. Stand 13. Oktober 2020 wurden bislang erst ca. 138.100 Anträge gestellt und lediglich 1,1 Milliarden Euro bewilligt. Viel Platz nach oben bei gleichzeitig verbesserten Bedingungen zur Anrechnung deiner Fixkosten in der Überbrückungshilfe. Bis zum Jahresende stehen insgesamt 25 Milliarden bereit. Im Bundeshaushalt 2021 sind weitere Mittel für die Überbrückungshilfen geplant.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) plant eine Verlängerung der Überbrückungshilfen bis zum 30. Juni 2021. Zusätzliche Kosten sollen förderfähig sein, darunter Zuschüsse für die Tilgung von Krediten, Modernisierungszuschüsse für Selbstständige und Betriebe, die in der auftragslosen Zeit Renovierungen durchführen sowie verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten.

Dies sei notwendig, da durch die Einschränkungen "einige Wirtschaftsbereiche auch in den kommenden Monaten erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes" hinnehmen müssten. Deshalb werde der Bund die "Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern".

Unternehmerlohn für Soloselbstständige und Steuererleichterungen ernsthaft diskutiert

Was in einigen Bundesländern unter Auflagen bereits möglich ist (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen) - namentlich ein fiktiver Unternehmerlohn von bis zu 1.180 € als förderfähige Überbrückungshilfe soll bundesweit gelten. Das fordern Branchenvertreter seit langem. Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin Bundesverband DEHOGA nannte die erleichterte Grundsicherung für Soloselbstständige zuletzt gar "systemwidrig".

Mittlerweile regt sich auch in den Reihen der CDU offene Gesprächsbereitschaft. Der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion Carsten Linnemann erklärte:

"Die Zahlen zeigen, dass uns die Krise noch lange begleiten wird. Wir müssen daher wie von der Mehrheit der Institute vorgeschlagen gezielter die Unternehmen unterstützen, die besonders von der Krise betroffen sind, etwa mit einer Ausweitung der Hilfen für die Solo- und Kleinstselbständigen. Auch sollten wir die Verlustverrechnung ausweiten, sodass aktuelle Verluste mit Gewinnen der letzten Jahre besser verrechnet werden können."

Weitere Steuererleichterungen forderte im Vorfeld der MP-Konferenz auch FDP Chef Christian Lindner, konkret die Möglichkeit Verluste im Jahr 2020 mit den jetzt fälligen Gewinnsteuern für 2018 und 2019 zu verrechnen. Dies könne ein "mutiger Schritt" der Bundesregierung sein zur Unterstützung der Soloselbstständigen.

Corona-Gipfel Beschlüsse: Kritik aus Opposition und besonders betroffenen Branchen

Wie geht es weiter? Wir stehen erst am Beginn der kalten Jahreszeit und niemand vermag eine verlässliche Prognose stellen, die weiter ginge als die wöchentlichen Meldungen des RKI.

Vertreter der GRÜNEN stellen jetzt u.a. die Forderung nach einem unabhängigen und interdisziplinär arbeitenden Pandemierat. So könnten "wissenschaftlich fundierte Vorschläge und nicht landespolitische Streitigkeiten" letztlich über den Erfolg oder Misserfolg im Kampf gegen das Virus entscheiden. 

Enttäuscht zeigten sich die im Deutschen Tourismusverband vertretenen Unternehmen. Dessen Geschäftsführer Norbert Kunz bezeichnete das einstweilen aufrecht erhaltene Beherbergungsverbot als "herben Rückschlag".

Vertreter des Aktionsbündnisses #ALARMSTUFEROT trafen sich bereits zu Beginn der Woche mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), um Verbesserungen in der Überbrückungshilfe (z.B. die Anerkennung von ausgefallenen Vermittlungsprovisionen von Künstleragenturen als Teil der Corona-Fixkosten; Ausweitung steuerlicher Verlustvortrag etc.) zu diskutieren. Während der Bundesfinanzminister Kapazitäten für einige Positionen in Aussicht stellte, erscheinen Forderungen z.B. nach einem staatlichen Ausfallfonds für zukünftige pandemiebedingte Veranstaltungsausfälle weniger genau kalkulierbar. Hier lohnt der Blick auf den erfolgreichen Rechtsweg bei Corona-bedingten Ausfällen im Rahmen von Betriebsschließungsversicherungen und deren Urteilsbegründungen sowie zu klärende Entschädigungsansprüche nach IfSG.

Corona-Gipfel Beschlusspapier: Download

Den vollständigen Inhalt der vorläufigen Beschlussfassung der MP-Konferenz am Mittwoch kannst du im gemeinsamen Corona-Gipfel-Papier von Bund und Ländern nachlesen. Den Link zum Download findest du als PDF Papier auf der Website der Bundesregierung. 

Mehr zu Überbrückungshilfen, Insolvenzschutz & Betriebsschließungen

Welche Betriebskosten bezahlt die Überbrückungshilfe?

Was sind förderfähige Fixkosten im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe? Worauf muss ich bei der Antragstellung achten? Jetzt Betriebsausgaben prüfen. Bis zum 9. Oktober kannst du noch Überbrückungshilfe für die Monate Juni bis August beantragen. Anschließend gelten Erleichterungen für Phase 2. Eine sorgfältige Antragsvorbereitung sichert deine Liquidität im 4. Quartal.

Steuerstundung für Unternehmen: Laufzeit verlängern

Noch bis zum 31. Dezember 2020 kannst du den Antrag auf eine verlängerte Stundung von Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und Umsatzsteuer stellen. Unternehmen, die bereits im April bei ihrem Finanzamt um eine Steuerstundung gebeten hatten, müssen jetzt eine Verlängerung prüfen. Die Steuerstundung wird in der Regel für maximal drei Monate gewährt.

Corona-Maßnahmen: Entschädigungsanspruch klärt BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht soll ein Grundsatzurteil zu Entschädigungen in der Corona-Krise fällen. Rettet dies besonders betroffene Branchen? Lockdown, Geschäftsbetrieb in der neuen Normalität, Kampf mit Betriebsschließungsversicherern: Gastronomen, Hoteliers, Veranstalter und Künstler leiden besonders unter den Folgen der Pandemie.

Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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