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Mutmacher Story: Thomas Voigt von "Chef Tom Voigt"

Thomas Voigt ist Privatkoch im Luxussegment. Die Kundschaft von "Chef Tom Voigt" ist weltweit verstreut, oft sogar auf See. Er selbst lebt seit vielen Jahren in Spanien und fühlt sich von der spanischen Regierung in der Corona-Krise nicht unterstützt. „Unterm Strich muss sich jeder selbst durchschlagen.“

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Beetroot Party mit Chef Tom Voigt

Hallo Tom, schön, dass du wieder Zeit für ein Interview gefunden hast! Welche unmittelbaren Auswirkungen hat die aktuelle Corona-Krise auf dein Unternehmen und Tagesgeschäft?

Ein kompletter Stillstand. Tourismus, wie sollte es anders sein, existiert nicht mehr. Als Privatkoch für Yachten und Villas, sowie Events der Großfinanz bin ich genauso betroffen, wie alle meine Kollegen aus der Tourismusbranche in der ganzen Welt.

Fühlst du dich ausreichend unterstützt in der Bewältigung möglicher wirtschaftlicher Auswirkungen auf dein Unternehmen?

Nein. Ich lebe jetzt seit 26 Jahren in Spanien. Es gibt positive Signale der Regierung und der regionalen Vorsitze, doch es dauert alles sehr lange. Wer weiß, wann beschlossene Maßnahmen umgesetzt werden und ob sie wirklich greifen. Außerdem bleibt die Frage: Welche Sektoren, Menschen und Firmen werden dann unterstützt? Unterm Strich muss sich jeder selbst durchschlagen.

Was genau wünschst du dir jetzt vom Gesetzgeber und allen für Unternehmer relevanten nachgestellten Behörden?

Da gibt es nicht viel zu wünschen. Die Wirtschaft kann nicht nur auf viraler Ebene laufen. Handwerk und Industrien mit Menschenkontakt müssen in Gang gesetzt werden. Das schafft man nur mit den noch immer nicht erhältlichen Masken und Schutzutensilien. Importierte Erdbeeren und Tropenfrüchte finden wir hier in Spanien im Supermarkt in Hülle und Fülle, doch keine Schutzutensilien. Das zeigt, wie unzureichend das globale Netzwerk funktioniert.

Was glaubst du, wie wird es deinem Unternehmen in sechs Monaten wirtschaftlich gehen? Ist deine Prognose eher optimistisch oder pessimistisch und warum?

Wie schon gesagt: Meine Hauptindustrie ist Tourismus. Der hängt von Transportmitteln und Reisezentren ab, Begegnungen mit Menschen. Sollte wieder geflogen oder Bahn gefahren werden, dann kann das nur mit hohen Reisekosten einhergehen. Züge und Flüge, die nur zu maximal 30 % ausgelastet sind, stellen ein finanzielles Schwergewicht für die Reiseunternehmen dar. Ob das funktioniert? Sehr schwer vorstellbar. Das heißt: Meinen Service kann ich künftig nur in meiner Nachbarschaft anbieten. Doch wer wird sich schon einen entbehrlichen Caterer buchen, wenn andere Kosten gedeckt sein müssen?

Aber vielleicht gibt es ja neue Wege oder eine neue Herangehensweise, die du aufgrund der Corona-Krise als Unternehmer jetzt erst wahrnimmst?

Das Virtuelle funktioniert gut. Online Kurse geben, Tipps in die Kamera reden und auf einer eigenen Plattform gegen eine geringe Abo-Gebühr online zur Verfügung stellen. Obwohl ich das Netz in allen Bereichen schon sehr gut ausgestattet sehe. Seit Jahren gibt es Experten für alles auf YouTube und Co.

Skizzierst du uns nochmal anhand konkreter Beispiele, welchen grundsätzlichen Einfluss die Krise auf deine angebotenen Dienstleistungen hat?

Grundsätzlich hat meine Dienstleistung mit Menschenkontakt zu tun, ist Handwerk und Kundendienstleistung. Wie im Friseurberuf geht es ohne die persönliche Begegnung nicht. Lediglich die Warenannahme kann man ohne direkten Kontakt abwickeln. Das ist aber auch das einzige.

Um die Beeinträchtigung mal anhand eines ganz konkreten Beispiels zu schildern: Ich bin Privatkoch in der Luxusindustrie. Um meinen Job jetzt abwickeln zu können, müsste ich permanent auf Corona getestet sein, mein Attest und eine Reisesondergenehmigung auf dem neuesten Stand dabei haben, damit mich ein Kunde auf seine Privatinsel oder seine Privatyacht einfliegen könnte. Es gibt Kunden, die weit weg in einer Villa oder einem Palast leben, umgeben von Bediensteten. Ich war von November 2019 bis zum 28. März dieses Jahres, also bis in die erste Phase des Lockdown hinein, mit einem russischen Milliardär in einem Luxuschalet in Courchevel in den französischen Alpen. Er konnte wegen des Schengener Abkommens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nach Russland zurück. Irgendwann hat er sich seinen Privatjet geschnappt und ist in einen anderen Teil der Welt in Quarantäne geflogen. Unser Team wurde dann aufgelöst und jeder von uns ist mit den letzten Flügen in seine jeweilige Heimat geflogen. 

Was für eine Geschichte! Lass uns nochmal auf digitale Tools zurückkommen. Du sprachst von Angeboten, die Du derzeit online machst. Also hat die Digitalisierung nun für dich und dein Geschäftsmodell einen neuen Stellenwert eingenommen?

Wie vorhin schon erklärt: Ich kann in einem gewissen Umfang online existieren, doch auf längere Sicht ist das kein guter Plan B für mein Unternehmen.

Rückblickend auf deine bisherige Selbstständigkeit und ihr unternehmerisches Risiko - Ist die Corona-Krise dein schwerster Meilenstein oder gab es Ereignisse, die für dich ähnlich gravierende Bedeutung hatten?

Das hier ist ein kompletter Lockdown für alle. Das hatten wir noch nie. Für viele Online Warenhäuser bedeutet es bestimmt einen Aufschwung. Ansonsten fällt mir die Wirtschaftskrise 2008 ein. Das war auch ein harter Brocken, doch die Menschen konnten sich damals normal begegnen und man konnte reisen. Daraus ergaben sich großartige Möglichkeiten.  

Was ist dein wichtigster Rat, den du anderen Gründern und Unternehmern für ihr Krisenmanagement mit auf den Weg geben möchtest?

Bleibt zu Hause, im Homeoffice. Lest, kommuniziert, treibt Sport. Ernährt euch gut. Und vermeidet derzeit unnötige Investitionen, denn das hier dauert noch eine Weile. 

Das mit der guten Ernährung bekommst Du bestimmt super hin! Danke für das Gespräch, Tom.

Wir haben euch "Chef Tom Voigt" im Januar 2019 bereits ausführlich vorgestellt. Hier kannst du das ursprüngliche Interview mit Thomas Voigt nachlesen. 

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Über den Autor

Iris Kirchhoff

Ich bin seit Anfang 2020 im Redaktionsteam der unternehmenswelt.de, wo ich mich vorrangig um die Unternehmerstories kümmere. Ich habe selber 13 Jahre lang einen inhabergeführten Einzelhandel verantwortet und weiß, wie der Alltag eines Unternehmers aussieht. Schreiben kann ich, weil ich nach meinem Studium der Filmwissenschaften, American Cultural Studies und Publizistik als Pressereferentin und Texterin für deutsche und internationale Unternehmen tätig war.