Häufige Fragen und Antworten zum neuen Bürgergeld
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Nachdem die Unions-geführten Bundesländer ihre Zustimmung gegenüber dem ersten Entwurf der Bürgergeld-Reform im Bundesrat verwehrten, wurde ein Vermittlungsausschuss eingerichtet. Einige der ursprünglich vorgesehenen Regelungen, die im Folgenden aufgelistet sind, musste die Ampel anschließend zugunsten eines Kompromisses aufgeben.
Vertrauenszeit, Schonvermögen, Karenzzeit und Vermittlungsvorrang
Diese Vereinbarungen hat der Vermittlungsausschuss zum Bürgergeld beschlossen und gelten ab 1. Januar 2023:
Keine Vertrauenszeit: Der grundsätzliche Verzicht auf Sanktionen in den ersten sechs Monaten einer Erwerbslosigkeit entfällt. Das bedeutet, Arbeitsvermittler/-innen können ab Tag 1 Sanktionen verhängen, sollten sich Menschen, die Bürgergeld erhalten, nicht kooperativ verhalten, z.B. wenn sie Fortbildungen verweigern oder Termine zu Bewerbungsgesprächen verpassen.
Geringeres Schonvermögen: Sah der Ampel-Entwurf zum Bürgergeld zunächst ein Schonvermögen von 60.000 Euro vor, wurde dieser Betrag im Vermittlungsausschuss deutlich gesenkt auf nun 40.000 Euro unantastbares Vermögen.
Nur 12 Monate Karenzzeit: Die ursprünglich geplante Karenzzeit beim Schonvermögen wie auch der Prüfung der Angemessenheit der Wohnung wurde von ursprünglich 24 Monaten auf jetzt nur noch 12 Monate gekürzt.
Keine Pflicht zur Annahme eines Jobs
Ein gegenüber Hartz4 wesentlicher Unterschied bleibt auch nach dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss erhalten. Der sogenannte Vermittlungsvorrang fällt weg, also die Pflicht zur Annahme eines Jobs, egal wie unpassend ein Stellenangebot ist. Für die Ampel-Koalition, welche die Bürgergeld-Reform als Instrument für gezielte (Weiter)-Qualifizierung und gegen den Fachkräftemangel einsetzen will, ist dies ein Verhandlungserfolg. Im Zusammenspiel mit den weiterbestehenden Sanktionen muss sich dieses Gebot in der Praxis jedoch erst beweisen.
Das Bürgergeld ist eine Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Anspruch auf Bürgergeld hast du unter den folgenden Voraussetzungen:
- Du bist erwerbsfähig
- Du bist im Alter von 15 Jahren bis zum gesetzlichen Regelrenteneintrittsalter (Ab dem Geburtsjahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren)
- Du hast deinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland
- Du bist hilfebedürftig
Grundsätzlich gilt: Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, hat künftig auch Anspruch auf Bürgergeld.
Bürgergeld für Selbstständige, Geringverdiener und Arbeitnehmer
Sofern eine der folgenden Aussagen auf dich zutrifft, bist du in der erleichterten Grundsicherung antragsberechtigt. Die Regeln gelten auch für das Bürgergeld:
- Grundsicherung bei Kurzarbeit und für Geringverdiener: Du bist betroffen von Kurzarbeit in deinem Unternehmen oder beziehst bereits Arbeitslosengeld. Dein Einkommen ist deshalb so gering, dass du deinen Lebensunterhalt nicht mehr sichern kannst und aufstocken musst.
- Grundsicherung für Selbstständige: Du bist Freiberufler/in, Solo-Selbständige/r oder Kleinunternehmer/in. Deine finanzielle Situation hat sich nach drei Corona-Krisenjahren drastisch verschlechtert. Ein Fortdauern dieser Situation im Kriegs- und Krisenwinter 22/23 ist unter den Auswirkungen des neuen Infektionsschutzgesetzes, gleichbleibender Inflation und getrübter Kaufkraft sehr wahrscheinlich.
Bürgergeld für Auszubildende
Befindest du dich in einer beruflichen Ausbildung oder nimmst du an berufsvorbereitenden Maßnahmen teil, bist du grundsätzlich leistungsberechtigt.
Bürgergeld für Studenten
Studierende die noch im Haushalt ihrer Eltern leben, haben nur dann einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II und NEU Bürgergeld, wenn BAföG-Leistungen dem Grunde nach nicht beansprucht werden können bzw. wegen der Berücksichtigung von Einkommen und/oder Vermögen nicht zu beanspruchen sind.
Bürgergeld für Kinder
Nicht erwerbsfähige Personen, die mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, erhalten Bürgergeld.
Bürgergeld für Menschen aus dem Ausland und Asylsuchende
Menschen aus dem Ausland können Bürgergeld erhalten, wenn sie in Deutschland arbeiten dürfen und über eine entsprechende Arbeitserlaubnis verfügen, aber bislang noch keine Arbeitsstelle gefunden haben. Anerkannte Asylbewerber/-innen haben ebenfalls Anspruch auf Bürgergeld.
Kein Bürgergeld für Rentner
Reicht eine Altersrente zum Leben nicht aus, müssen Rentnerinnen und Rentner die Grundsicherung im Alter beantragen. Es besteht in diesem Fall kein Anspruch auf Bürgergeld.
Wer gilt als erwerbsfähig?
Als erwerbsfähig gilt, wer:
- mindestens drei Stunden täglich arbeiten kann
- nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit daran gehindert ist einer Tätigkeit nachzugehen
- Menschen aus dem Ausland müssen über eine Arbeitserlaubnis verfügen bzw. für eine solche berechtigt sein
Wer ist hilfebedürftig?
Als hilfebedürftig gilt, wer:
- den eigenen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der eventuell mit in der gemeinsamen Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann
- die erforderliche Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten kann
Das Bürgergeld soll geplant zum 1. Januar 2023 in Kraft treten und anschließend schrittweise umgesetzt werden.
Mit der Einführung des Bürgergelds steigt auch die Höhe der Regelsätze in der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Ein Inflationsausgleich ist angesichts der Energiekrise und steigender Kosten in nahezu allen Lebensbereichen bereits berücksichtigt.
Die Höhe des Bürgergelds für die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft gliedert sich wie folgt:
- Alleinstehende/Alleinerziehende: 502 EUR
- Paare je Partner/Bedarfsgemeinschaften: 451 EUR
- Volljährige in Einrichtungen (nach SGB 12): 402 EUR
- nicht-erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern: 402 EUR
- Jugendliche von 14 bis 17 Jahren: 420 EUR
- Kinder von 6 bis 13 Jahren: 348 EUR
- Kinder von 0 bis 5 Jahren: 318 EUR
In der Regel kann ein Bezugszeitraum von 6 Monaten bis zu einem Jahr bewilligt werden. Anschließend müssen Folgeanträge gestellt und bewilligt werden.
Die fertigen Formulare für deinen Antrag auf Bürgergeld sind aktuell noch nicht verfügbar. Wer Bürgergeld schon vor dem 1. Januar 2023 beantragen will, muss deshalb aktuell einen formlosen Antrag schriftlich oder online via E-Mail oder das Antragsportal deiner örtlichen Verwaltung (aktuell noch: Jobcenter) stellen.
Anspruch ab Zeitpunkt der Antragstellung
Der Anspruch auf Bürgergeld besteht grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt, zu dem dein Antrag bei der Behörde eingegangen ist. Weil der (formlose) Antrag Anspruchsvoraussetzung ist, solltest du die Antragstellung und ihren Zeitpunkt im Zweifel nachweisen können (z.B. durch einen eingeschriebenen Brief).
ALG II und Bürgergeld
Bist du grundsätzlich anspruchsberechtigt, kannst du ebenfalls schon vor dem 1. Januar 2023 über die Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld 2 oder Grundsicherung beantragen. Dieser Antrag gilt für alle Personen einer Bedarfsgemeinschaft und wird automatisch an die Regeln des Bürgergelds angepasst.
Galten in der Grundsicherung die Wohnungsgröße und Quadrameter als wichtige Kenngrößen für den Leistungsbezug, bewirkt das neue Bürgergeld hier eine Änderung: In einem zweijährigen Karenzzeitraum bis 2025 werden die tatsächlichen Kosten für Wohnen, Unterkunft und Heizen übernommen. In diesem Zeitraum des erstmaligen Leistungsbezugs prüfen die Behörden nicht die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Wohnraum.
Bürgergeld und Vermögensprüfung
Vermögen bleibt in diesem Zeitraum (2 Jahre) ebenfalls bis zu einem bestimmten Freibetrag geschützt.
Als unerhebliche Vermögenswerte gelten:
- weniger als 60.000 Euro: für die leistungsberechtigte Person
- weniger als 30.000 Euro: für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft
Bürgergeld und Eigentumswohnung oder Eigenheim
Bewohnst Du ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung, dann beinhalten die Kosten der Unterkunft weitere damit verbundene Aufwendungen, darunter:
- Schuldzinsen
- Grundsteuer
- Wohngebäudeversicherung
- Erbbauzins
- angemessene Nebenkosten
Weitere Entlastungen auch bei mehr als 2 Jahren Bürgergeld geplant
Die Anerkennung größerer Wohnungsflächen und eine vollständige Freistellung von mehr Vermögensgegenständen als in der Grundsicherung soll Bürgergeldbeziehende auch über den Karenzzeitraum hinaus zusätzlich entlasten.
Für das Bürgergeld gelten bestimmte Zuverdienstgrenzen. Grundsätzlich ist jedes Einkommen bei der Berechnung des Bürgergeld-Anspruchs zu berücksichtigen. Ein anrechnungsfreier oder nur zum Teil anrechenbarer Zuverdienst und Nebenverdienst zum Bürgergeld ist jedoch möglich.
Bürgergeld und Hinzuverdienst
Du kannst also durchaus als Arbeitnehmer/-in Bürgergeld beziehen und einen Nebenjob oder Nebenverdienst ausüben. Die hierfür geltenden Einkommensfreibeträge solltest du jedoch genau kennen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Auf das Bürgergeld angerechnet werden sämtliche Einnahmen aus
- nicht selbstständiger Arbeit
- selbstständiger Arbeit (hier geht es um den erwirtschafteten Überschuss, also den Gewinn vor den Steuern)
- einem Gewerbebetrieb
- einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb
- Vermietung und Verpachtung (Ausnahme: Mieteinnahmen zur Reduzierung der eigenen Unterkunftskosten werden nicht berücksichtigt)
Vorsicht bei Bürgergeld vs. vorrangige Sozialleistungen
Überprüfe auch, ob du nicht Anspruch auf andere Sozialleistungen hast, bevor du Bürgergeld beantragst. Wenn diese dazu beitragen, deine Hilfebedürftigkeit zu verringern bzw. zu beseitigen, musst du sie vorrangig beantragen bzw. werden diese Sozialleistungen auf das Bürgergeld angerechnet.
Die wichtigsten vorrangigen Leistungen sind:
- Kindergeld, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss für Kinder
- Arbeitslosengeld
- Erwerbsminderungsrente, Witwen- / Witwerrente, Waisenrente
- Mutterschaftsgeld sowie Elterngeld nach der Geburt eines Kindes
- Krankengeld
- Bafög
- Wohngeld
Faustregel Bürgergeld: Was kann ich dazu verdienen?
- 100 EUR anrechnungsfrei: Die ersten 100 Euro, die ein Bürgergeldempfänger verdient, sind anrechnungsfrei.
- Mehr als 520 EUR=20 Prozent: Für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, sind 20 Prozent davon anrechnungsfrei.
- Mehr als 520 EUR aber weniger als 1.000 EUR=30 Prozent: Verdienst Du mehr als 520 Euro, aber weniger als 1.000 Euro, werden 30 Prozent von diesem Teil des Erwerbseinkommens nicht angerechnet.
- Mehr als 1.000 EUR und weniger als 1.200 EUR=10 Prozent: Zusätzlich sind von deinem Verdienst zwischen 1.000 Euro und 1.200 Euro 10 Prozent dieses Teils auf das Bürgergeld anrechnungsfrei (§ 11b SGB II).
Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende
Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende können monatlich 520 Euro hinzuverdienen, ohne dass das Bürgergeld gekürzt wird. Die Freibeträge für Hinzuverdienste entsprechen derr Minijob-Grenze. In den Ferien können Schülerinnen und Schüler unbegrenzt hinzuverdienen.
Bürgergeld-Beziehende sind verpflichtet, auch Minijobs anzunehmen. Von deinem Einkommen als Minijobber bleiben 100 EUR auf das Bürgergeld anrechnungsfrei.
Die Höchsteinkommensgrenze für Midi-Jobs soll zeitgleich mit der Einführung des Bürgergelds zum 1. Januar 2023 steigen – von aktuell 1.600 EUR um 400 Euro auf dann 2.000 Euro. Midijobber unterscheiden sich weiterhin arbeitsrechtlich nicht von Vollzeitkräften. Als Midijobber hast du Anspruch auf Urlaubstage, Mindestlohn sowie Lohnfortzahlungen bei Krankheit.
Verdienst du mehr als 520 Euro (Minijobgrenze), aber weniger als 1.000 Euro, werden 30 Prozent von diesem Teil des Erwerbseinkommens nicht angerechnet. Zusätzlich sind von einem Verdienst zwischen 1.000 Euro und 1.200 Euro 10 Prozent dieses Teils auf das Bürgergeld anrechnungsfrei (§ 11b SGB II).
Die Einführung der zweijährigen Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen für Bürgergeldbeziehende z.B. mit Eigenheim oder Eigentumswohnung sollen auch die Verwaltungen entlasten. Langwierige Prüfungen zur Angemessenheit der Wohnung und des Vermögens entfallen bis 2025 komplett. Gewonnene Zeit soll für das bedarfsgerechte Coaching der Klienten aufgewendet werden.
Langfristiges Schonvermögen in Höhe von 15.000 EUR
Nach 24 Monaten Bürgergeldbezug soll das Vermögen überprüft werden können. Dabei wird das langfristige Schonvermögen auf 15.000 Euro erhöht. Zudem wird nicht mehr geprüft, ob das eigene Auto angemessen ist.
Bürgergeld und Vermögensprüfung
Anschließend werden die Verhältnisse neu bewertet. Aktuell darf ein Zwei-Personen-Haushalt in rund 60 Quadratmetern leben. Für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft gelten noch einmal 15 Quadratmeter als angemessen. Inwieweit die Angemessenheitskriterien ausreichend sind oder erhöht werden müssen, steht noch zur Debatte.
Für einen Ein- bis Zwei-Personenhaushalt in einer selbst gekauften Wohnung oder Eigenheim gelten 80 qm (Eigentumswohnung) bzw. 90 qm (Haus) als angemessen. Eine Kleinfamilie oder Drei-Personen-Haushalt darf auf 100/110 Quadratmeter Wohnflächeneigentum leben. Für vier Menschen in einer Bedarfsgemeinschaft gelten 120 (Wohnung) bez. 130 (Haus) Quadratmeter als unbedenklich.
Im Zuge des dritten Entlastungspakets wurde kürzlich auch das Kindergeld zum 1.1.2023 erhöht. Folgende Regelsätze gelten aktuell in 2022 und neu ab dem kommenden Jahr:
Kindergeld-Sätze in 2022:
- erstes Kind und zweites Kind: 219 EUR
- drittes Kind: 225 EUR
- jedes weitere Kind: 250 EUR
Kindergeld-Sätze ab 2023:
- erstes Kind und zweites Kind: 237 EUR
- drittes Kind: 237 EUR
- jedes weitere Kind: 250 EUR
Eine eigene Kindergrundsicherung soll nach Plänen der Ampel-Koalition erst im Jahr 2025 umgesetzt werden. Solange gilt Kindergeld als vorrangige Sozialleistung und wird auf die Grundsicherung beim Arbeitslosengeld II nach dem SGB II und in der Grundsicherung nach dem SGB XII (im Alter und bei Erwerbsminderung) sowie auf das Bürgergeld angerechnet.
Personen, die in einer (voll-)stationären Einrichtung untergebracht sind, haben keinen Anspruch auf das Bürgergeld, da sie als nicht erwerbsfähig eingestuft werden. Dies gilt für Menschen, die sich längere Zeit im Krankenhaus aufhalten müssen oder für Gefangene.
Ausnahme für Reha-Patienten & Freigänger
Eine Ausnahme besteht im Fall eines Krankenhaus- bzw. Reha-Aufenthalts von voraussichtlich weniger als 6 Monaten oder für Freigänger.
Kein Bürgergeld bei Erwerbsminderung und für Rentner
Keinen Bürgergeld-Anspruch nach den Regeln für erwerbstätige Personen haben Personen, die im gesetzlichen Rentenalter sind oder die voraussichtlich absehbar für mehr als 6 Monate erwerbsunfähig sind. Gleiches gilt für Personen, die eine Altersrente, Knappschaftsausgleichsleistung oder eine ähnliche öffentlich-rechtliche Leistung erhalten, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreicht.
Die bisherige Eingliederungsvereinbarung im SGB II wird abgelöst und ersetzt durch den sogenannten Kooperationsplan. Letzterer wird von Leistungsberechtigen und Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet.
Verantwortung & Vertrauen
Leistungsberechtigte bekommen mehr Verantwortung im Hinblick auf vereinbarte Mitwirkungspflichten (Eigenbemühungen, Maßnahmeteilnahmen und Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge) und das Vertrauen zur Integrationsfachkraft soll gestärkt werden.
Sechsmonatige Vertrauenszeit
Sobald ein erster gemeinsamer Kooperationsplan erarbeitet ist, gilt eine sechsmonatige Vertrauenszeit, in der keine Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen eintreten (Bürgergeld ohne Sanktionen). Im Anschluss an die Vertrauenszeit können Sanktionen verhängt werden (wenn z.B. Absprachen zu Mitwirkungshandlungen nicht eingehalten werden).
Fehlen bei Beratungsterminen u.U. sanktioniert
Beratungstermine sollten immer wahrgenommen werden. Die Integrationsfachkraft entscheidet, ob Beratungstermine mit Rechtsfolgen verknüpft werden.
Schlichtungsmechanismus wird etabliert
Für den Umgang mit Problemen oder Konflikten im Zusammenhang mit der Erarbeitung, Durchführung und Fortschreibung des Kooperationsplans soll ein Schlichtungsmechanismus geschaffen werden.
Nach Wunsch von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollen mit dem Bürgergeld nachhaltigere Arbeitsaufnahmen anstatt schnelle Vermittlungen Vorrang haben.
Bürgergeld müsse Qualifizierung fördern. Im Zuge des Fachkräftemangels würden gut ausgebildete Arbeits- und Fachkräfte händeringend gesucht. Innerrhalb des neuen Bürgergelds wird deshalb die berufliche Weiterbildung stärker gefördert als bisher.
„Ausbildung vor Aushilfsjob“
Wer sich für eine Ausbildung oder Umschulung entscheidet, soll intensiver unterstützt werden. Bürgergeld-Beziehende, die einen Berufsabschluss nachholen wollen, können hierfür drei statt zwei Jahre aufwenden.
Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 EUR monatlich
Für die Teilnahme an abschlussbezogenen Weiterbildungen wird ein zusätzliches monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro gezahlt. Dies kann dazu dienen, um z.B. Grundkompetenzen (u.a. Lese-, Mathe-, IT-Fertigkeiten) zu stärken.
Bürgergeld-Bonus in Höhe von 75 EUR monatlich
Wer an Maßnahmen teilnimmt, die besonders dabei unterstützen, langfristig zurück in den Job zu finden, kann den Bürgergeld-Bonus in Höhe von monatlich 75 Euro erhalten.
Innerhalb des ersten gemeinsam erarbeiteten Kooperationsplanes gilt eine sechsmonatige Vertrauenszeit. In dieser Zeit dürfen keine Sanktionen aufgrund von Pflichtverletzungen verhängt werden. Eine Minderung wegen Meldeversäumnissen kann in der Vertrauenszeit erst beim zweiten Verstoß erfolgen.
Nach Ende der Vertrauenszeit und aufgrund von Pflichtverletzungen gelten die folgenden Maßstäbe für Leistungsminderungen und Sanktionen:
- Höchstens 30 Prozent des Regelbedarfs: Bei wiederholten Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse betragen die Leistungsminderungen höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert.
- 20 Prozent beim 1. Verstoß: Beim ersten Verstoß ist eine Minderung wegen Pflichtverletzungen auf 20 (statt zuvor 30) Prozent begrenzt.
- Härtefallregel: Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde.
- Aufhebung der Sanktionen: Leistungsminderungen sind aufzuheben, wenn die Leistungsberechtigten die Mitwirkungspflichten erfüllen oder nachträglich glaubhaft erklären, ihren Pflichten nachzukommen.
- Keine Sanktionen für unter 25-Jährige: Die bisherigen verschärften Sonderregelungen für die unter 25-Jährigen entfallen. Werden künftig die Leistungen für unter 25-Jährige gemindert, sollen die Jobcenter ein Beratungs- und Unterstützungsangebot machen.
Das Bürgergeld steht durchaus in der Kritik. Während Befürworter auf mehr Zeit und Engagement im Umgang mit z.B. Langzeitarbeitslosen verweisen, die Anhebung der Regelsätze begrüßen oder die bürokratische Entlastung der Behörden hervorheben, befürchten Kritiker „Mitnahme- und Missbrauchsmöglichkeiten“.
Zuletzt äußerte sich der Bundesrechnungshof mahnend in einem Brief, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt (zuerst berichtete das Handelsblatt – nicht barrierefrei). Zwar seien einzelne Regeln wie verbesserte Hinzuverdienstmöglichkeiten für Leistungsbeziehende zu begrüßen, andererseits lägen vermeidbare finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt vor.
Der Bundesrechnungshof kritisiert die Unverhältnismäßigkeit des neuen Bürgergelds vor allem im Bezug auf Vermögensfreibeträge und den Vorgang der Vermögensprüfung:
So könnte beispielsweise ein Ehepaar mit zwei Kindern trotz 150 000 Euro Spar- und Barvermögens, weiterem Vermögen, das der Altersvorsorge dient, zwei Kraftfahrzeugen und selbstgenutzten Wohneigentums (jeder Größe) Bürgergeld erhalten. (..) Der Bundeshaushalt sollte nicht mit dem Leistungsbezug von Personen belastet werden, bei denen grundsätzlich von einer ausreichenden Eigenleistungsfähigkeit ausgegangen werden kann.
– Bundesrechnungshof in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss
Außerdem sei die Übergangszeit von zwei Jahren, nach der Vermögen unterhalb der 60.000-Euro-Grenze nicht angerechnet werden dürfen bzw. die Angemessenheit der Wohnung als gegeben gilt, zu lang.
Menschen, die Bürgergeld beantragen, müssten zudem auch keine detaillierten Angaben zu ihrem Vermögen machen. Die Behörden seien bereits zufrieden damit, wenn Antragstellende erklärten, dass sie nicht mehr Geld als erlaubt besitzen. Dies eröffne Mitnahme- und Missbrauchsmöglichkeiten.
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