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Neue Studie: Solo-Selbstständigkeit im Handwerk boomt

Die Zahl der Einzelunternehmen im Handwerk steigt. Seit der Jahrtausendwende gibt es einen regelrechten Boom von Gründungen. Dabei zeigen die Formen der Einzelselbstständigkeit eine große Vielfalt. Die Handwerksorganisationen haben bisher Schwierigkeiten darauf zu reagieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen.

Laut einer Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen, kurz ifh, steigt die Anzahl der Soloselbstständigen im Handwerk. Einzelunternehmen erfreuen sich, so die Studie, einer immer größeren Beliebtheit. Bis kurz vor der Jahrtausendwende hatte es einen kontinuierlichen Rückgang des Anteils von Einzelunternehmen am Handwerk gegeben. Zwischen 1995 und 2010 kam es dann zu einem drastischen Anstieg der Gesamtzahl. Um insgesamt 241% sei die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen gestiegen. Das heisst konkret, dass mittlerweile 42% aller 840.000 Handwerksunternehmen in Deutschland von Soloselbstständigen betrieben werden.

Einer der Gründe für das rasante Ansteigen der Existenzgründungen einzelner Personen liegt laut der Studie im Öffnen des Handwerks für zulassungsfreie Berufe 2004. Seitdem haben einige Handwerkszweige eine Zunahme von Einzelunternehmen um mehrere hundert Prozent gezeigt. Aus der Studie geht hervor, dass es sich dabei größtenteils keineswegs um prekäre Formen der Selbstständigkeit handelt, also um Gründungen aus der Not, bei denen die Unternehmer am Rande des Existenzminimums leben. Ganz im Gegenteil liegen der Soloselbstständigkeit häufig sehr bewusste Entscheidungen zugrunde. Es zeige sich eine große Vielfalt in den Formen von Ein-Personen-Unternehmen, deren Möglichkeiten Gründer auf flexible Weise für die Organisation ihrer Selbstständigkeit nutzten. So gebe es ganz unterschiedliche Erfolgsgeschichten, die über Modelle von gemeinsamer Werkstattnutzung bis hin zu nebenerwerblicher Selbstständigkeit reichten.

Schwierigkeiten mit den boomenden Einzelunternehmen haben die Handwerksorganisationen. Es gelingt ihnen bisher nicht, die Interessen der Soloselbstständigen systematisch und angemessen zu vertreten. Als Gründe dafür werden die Unübersichtlichkeit und Vielfalt der Ein-Personen-Unternehmen angeführt, die nicht als Gruppen organisiert sind, was es für die Handwerksorganisationen schwierig mache, sie überhaupt zu erreichen. Ausserdem scheint wohl auch das Interesse seitens der Handwerksorganisationen bisher nicht hauptsächlich auf den Soloselbstständigen zu liegen. Dass man sich auf die Entwicklung noch nicht richtig eingestellt hat, zeigen die in der Studie aufgeführten Vorbehalte, mit denen man dort dem Trend begegne. Da die Einzelunternehmer kaum Beiträge zahlten und häufig bald wieder vom Markt verschwunden seien, seien diese als Mitglieder nicht so attraktiv, heisst es aus den Reihen der Handwerksorganisationen.

Als Lösungsansätze für eine bessere Unterstützung der Einzelunternehmen werden vom ifh verschiedene Ansätze ins Spiel gebracht. Bessere Vernetzung der Einzelunternehmer über Online-Plattformen oder Unterstützung bei bürokratischen Vorgängen seien Möglichkeiten, mit denen sich die Erfolgsaussichten neu gegründeter Einzelunternehmen im Handwerk noch verbessern ließen. Voraussetzung dafür sei immer das entsprechende Eigenengagement der Selbstständigen. Wer sich mit Gedanken trägt, sich im Handwerk selbstständig zu machen, sollte deshalb vorher auf jeden Fall einen Businessplan erstellen.

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Stephan Leistner