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Finanzamtzinsen für Steuererklärungen verfassungswidrig

Seit 1961 stehen die Finanzamtzinsen für verspätete Steuerzahlungen fest - dieser Zinssatz entspricht schon seit Langem nicht mehr der Realität am Kapitalmarkt, wodurch auch du als Unternehmer bei einer Steuerprüfung auf eine höher befundene Steuer weiter überhöhte Zinsen zahlen musstest. Diese Praxis ist nach dem Bundesverfassungsgericht nun vorbei.

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Finanzamtszinsen für Steuererklärungen verfassungswidrig

Finanzamtszinsen in Unternehmen

Das Finanzamt erhebt oder gewährt Zinsen bei Steuernachzahlungen oder entsprechend bei Steuerrückzahlungen.

Steuernachzahlungen sind der Fall, wenn sich die Festsetzung der Steuern um mehr als 15 Monate verzögert. Dadurch werden die Steuern erst im Nachhinein entrichtet. Liegen zu viel gezahlte Abgaben zu lange beim Fiskus, bekommt man auf die Steuererstattung entsprechende Zinsen.

Bei Steuererstattungen profitierst du als Steuerzahler. Bei Nachzahlungen die Behörde. Steuerzinsen sollen dabei für einen Ausgleich sorgen.

Als Unternehmer könntest du dir durch eine verspätete Steuerzahlung Liquiditätsvorteile verschaffen. Heisst, du könntest mit dem Geld das du dem Fiskus schuldest neue Gewinne generieren. Andersherum könnte die Behörde mit dem von dir zuviel gezahlten Steuergeld Gewinne erwirtschaften. Der Finanzamtzins soll diese Vorteile entsprechend ausgleichen.

Dabei dürfen die Steuerzinsen für Steuernachzahlungen oder Steuerrückzahlung nicht als Bestrafung wie etwa der Säumniszuschlag für noch nicht gezahlte Steuern gesehen werden.

Höhe der Steuerzinsen vom Finanzamt

Das Finanzamt berechnet dir entsprechend bei folgenden Steuerarten einen Verspätungszins:

  • Einkommenssteuer
  • Körperschaftssteuer
  • Vermögenssteuer
  • Umsatzsteuer
  • Gewerbesteuer

Der seit 1961 bestehende, bundeseinheitliche Zinssatz beträgt monatlich 0,5 Prozent. Pro Jahr ist dies ein Zinssatz von 6 Prozent.

Solch hohen Zinssätze sind jedoch aktuell an den Kapitalmärkten nicht zu verdienen. Der europäische Leitzins liegt seit 2016 bei 0 Prozent. Der Einlagezins befindet sich seit 2014 im Minusbereich und beträgt aktuell 0,5 Prozent. Dieser Negativzins wird immer offenkundiger auf die deutschen Sparguthaben abgewälzt.

Durch den hohen Finanzamtzins von 6 Prozent pro Jahr werden dir fiktive Gewinne weggenommen, die du schon seit Längerem gar nicht so erzielen kannst.

Bundesverfassungsgericht stellt Verfassungswidrigkeit der Steuerzinsen fest

Besonders hart trifft es dich als Unternehmer mit einer hohen Steuerlast. Erhöht sich nach einer Steuerprüfung deine zu zahlende Steuer, wird auf den erhöhten Betrag nochmal der Finanzamtzins aufgeschlagen. Je nach Zeitspanne der Steuerprüfung und Höhe der Nachzahlung kann da eine ordentliche Zinssumme zusammenkommen.

Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagten deshalb zwei Unternehmen gegen diese Finanzamtsverzinsung, da bei ihnen die Gewerbesteuer nach einer solchen Steuerprüfung höher betitelt wurde. Was eine Finanzamtverzinsung in beiden Fällen von jeweils sechstelligen Eurobeträgen verursacht hatte.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun die hohe Verzinsung des Finanzamtes von Steuerverzögerungen für verfassungswidrig. Spätestens seit 2014 halten die Bundesrichter die Finanzamtzinsen für "evident realitätsfern". Um jedoch den Staatshaushalt nicht allzuhoch zu belasten, ordneten sie Korrekturen erst für neuere Bescheide ab 2019 an.

Änderung der Steuerzinsen

Von deinen zuviel gezahlten Finanzamtzinsen, welche vor 2019 festgesetzt wurden, siehst du somit nichts mehr. Auch wenn dein Steuerbescheid seit 2019 rechtskräftig sein sollte, wirst du von deinen zuviel gezahlten Finanzamtzinsen nichts mehr sehen. Wegen der unklaren Gesetzeslage haben die Finanzämter seit Mai 2019 die Zinsen in sämtlichen Bescheiden jedoch nur vorläufig festgesetzt.

Wahrscheinlich die neue Bundesregierung bekommt nun als eine ihrer ersten Amtspflichten bis spätestens Ende Juli 2022 Zeit, um den Finanamtzins neu zu regeln. Eine konkrete Höhe oder Obergrenze hat das Bundesverfassungsgericht dabei nicht festgelegt. Entsprechend auch der Kapitalmarktlage muss der Steuerzins aber deutlich gesenkt werden. Möglich ist auch eine Orientierung am aktuellen Zinsniveau. 

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Über den Autor
René Wendler

René Wendler

René hat die letzten 20 Jahre erfolgreich Geschäftsmodelle zur Betreuung von Gründern und Unternehmern aufgebaut. Damals wie heute adressiert er gemeinsam mit seinem Team Solo-Selbstständige und Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern, welche weder die mediale noch politische Aufmerksamkeit haben, obwohl sie 95% aller Unternehmen in Deutschland stellen und 60% aller Arbeitsplätze absichern. Daraus entstanden ist auch unternehmenswelt.de, die mittlerweile größte Anlaufstelle für Gründer und Unternehmer in der D/A/CH Region mit über 500.000 Mitgliedern.

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