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Rückwärtstrend bei Insolvenzen gebrochen
Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland im Mai 2022 um 8,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat angestiegen. Die Regelinsolvenz ist das Insolvenzverfahren für Unternehmer. Haben selbstständige Gewerbetreibende und Freiberufler die Finanzierung ihres Unternehmens nicht mehr in Griff, bekommen sie die Möglichkeit, sich innerhalb von 3 Jahren von ihren Schulden zu befreien. Ihre selbstständige Tätigkeit müssen sie während der Insolvenz nicht zwingend aufgeben.
Die Regelinsolvenzen geben demnach einen Ausblick auf die zu erwarteten Unternehmenspleiten. Der im April beobachtete Rückwärtstrend von 20,8 Prozent gegenüber März konnte sich damit nicht bestätigen.
Insolvenzen im Baugewerbe und Handel im ersten Quartal 2021 am häufigsten
Nach den endgültigen Zahlen von Januar bis März, haben die deutschen Amtsgerichte 3.483 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Dies sind 7,4 Prozent weniger als im ersten Quartal des Jahres 2021. Die gemeldeten Unternehmensinsolvenzen der ersten drei Monate 2022 ergeben laut Amtsgerichten voraussichtliche Forderungen in Höhe von knapp 3,9 Milliarden Euro. Im ersten Quartal 2021 waren dies noch rund 17,1 Milliarden Euro.
Nach Branchen geschaut, gab es trotz mildem Winter die meisten Unternehmensinsolvenzen von Januar bis März im Baugewerbe mit 650 Fällen. Dies ist eine Zunahme von 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Gefolgt vom Handel einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 522 Verfahren und einem Anstieg von 6,1 Prozent gegenüber dem Vergleichsquartal 2021.
Verbraucherinsolvenzen im ersten Quartal 2022 um ein Viertel gesunken
Die Anzahl der Verbraucherinsolvenzen fiel im ersten Quartal 2022 um fast 25 Prozent zum Vorjahr. Der Hauptgrund für diesen Unterschied dürfte in dem seit 1. Oktober 2020 geltenden Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Verfahren zur Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre liegen.
Durch diese Regelung bekommen Betroffene die Möglichkeit auf einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ihr Insolvenzverfahren. Laut Statistischem Bundesamt haben viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag in 2020 wohl noch verzögert, um dann von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Aufschub habe Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen gesorgt. Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass die Privatinsolvenzen aktuell im Vergleich zu 2021 kräftig nachgelassen haben.
Insolvenzen sollen weiter ansteigen
Dank der Krisenhilfen wie Kurzarbeiterregelung bis hin zu den Sonderregelungen bei der Insolvenzantragspflicht sind die deutschen Unternehmen weitestgehend glimpflich aus der Coronakrise herausgekommen. Laut einer Studie des Kreditversicherers Allianz Trade soll sich dies jedoch ändern. Demnach muss die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren mit wieder ansteigenden Insolvenzen rechnen. Vor allem die Anzahl der Grosspleiten soll demnach deutlich steigen.
Die Volkswirte der Allianz-Tochter führen ihre Annahmen auf das globale Wirtschaftsumfeld mit den Auswirkungen der Corona- und Ukrainekrise wie den Lockdowns in China, unterbrochenen Lieferketten, steigenden Kosten und Preisen, insbesondere bei Energie und Rohstoffen zurück.
Auch die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte lagen im März 2022 um 30,9 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Dies war ein Rekordanstieg im Vorjahresvergleich seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Als Hauptgrund werden dabei die Energiepreise angesehen, welche im März um durchschnittlich 83,8 Prozent höher lagen als im März 2021.
Trend zu Grossinsolvenzen
Nach der Allianz Trade Studie lässt sich bereits seit einigen Jahren ein Trend zu größeren Insolvenzen beobachten. So sind zwar zum zwölften Mal in Folge auch im Jahr 2021 die Insolvenzzahlen gesunken. Dafür sind die finanziellen Schäden der insolventen Unternehmen auf ein Rekordniveau gestiegen. Sprich, es gab zwar weniger Insolvenzen, dafür aber besonders teure.
Insolvenzwelle politisch nicht gewollt
Für das aktuelle Jahr 2022 rechnen die Wirtschaftsforscher der Allianz Trade mit einem moderaten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um vier Prozent auf rund 14.600. Schon im kommenden Jahr erwarten sie allerdings eine zweistellige Zunahme der Insolvenzen um zehn Prozent und dann auf 16.130 Fälle.
Die Zahl der Insolvenzfälle sieht man jedoch auch Ende 2023 noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liegen. Das Insolvenzgeschehen habe sich in den in den vergangenen Jahren von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt.
Durch politische Eingriffe hat es sich auf ein "künstlich niedriges Niveau" eingependelt. Die alte Bundesregierung verfolgte mit den Massnahmen das Ziel, eine Pleitewelle unter deutschen Unternehmen zu verhindern. Inwieweit die neue Bundesregierung hieran anknüpft und die aktuelle wirtschaftliche Lage weiter kontrollieren kann, bleibt abzuwarten.
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