Freie Berufe wachsen um 400.000
Große Unterschiede
Freiberufler sind wie Gewerbetreibende selbständig. Doch unterscheidet sie ein ganzer Regelkatalog. Denn: der Gewerbetreibende zahlt z.B. Gewerbesteuern, der Freiberufler nicht. Und hinzu kommt ein ganzes Bündel unterschiedlicher Formalitäten bei der Gründung, unterschiedliche Rechtsformen, spezielle Bedingungen für den Berufszugang und zur Berufsausübung sowie zur Altersvorsorge, Versicherung und Krankenversicherung.
Freie Berufe: Wer gehört dazu? Wer ist Gewerbetreibender?
Als allgemein bekannt gilt, dass Architekten und Rechtsanwälte zur Gruppe der Freiberufler gehören. Bei ihnen ist die Voraussetzung, dass die geistige, schöpferische Arbeit im Vordergrund stehen soll, gegeben. Des Weiteren definiert man den Freiberufler wie folgt:
- Freiberufler verfügen über besondere berufliche Kenntnisse, die sie nicht zwingend durch ein Hochschulstudium erworben haben. In der Regel müssen diese Kenntnisse wissenschaftliche fundiert sein und dem Niveau eines Hochschulstudiums entsprechen.
- Sie können diese Kenntnisse über ein Selbststudium, durch ihre Berufstätigkeit oder eine Ausbildung mit staatlichem Abschluss erlernt haben.
- Freiberufler erbringen mit ihren Kenntnissen besondere Dienstleistungen mit hohem Wert für die Gemeinschaft (wenn sie etwa Kranke heilen).
- Alleine der Freiberufler bestimmte über Qualität seiner Leistung. Für diese hat er die volle fachliche Entscheidungsfreiheit.
- Das Einkommen bzw. das Honorar der Freiberufler richtet sich häufig nach den Gebührenordnungen für die zugehörige Berufsgruppe.
Zu den freien Berufen zählen:
- Apotheker
- Architekten
- Ärzte
- Buchprüfer, vereidigte
- Dolmetscher
- Hebamme
- Heilmasseur
- Heilpraktiker
- Ingenieure, beratende
- Journalisten
- Kulturberufe, freie (Musiker, Schauspieler, Tänzer, Sänger, Regisseur, Maskenbildner, Dramaturg, etc.)
- Lotsen
- Patentanwälte
- Psychotherapeuten
- Physiotherapeuten
- Rechtsanwälte
- Sachverständiger
- Steuerberater/-bevollmächtigte
- Tierärzte
- Unternehmensberater
- Wirtschaftsprüfer
- Zahnärzte
...und viele andere mehr.
Für ein Gewerbe bedarf es laut Gewerbeordnung fünf Bedingungen:
- Eine Tätigkeit, die nicht verboten ist.
- Eine Tätigkeit, die mit Absicht unternommen wird, Gewinn zu erzielen.
- Eine Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist.
- Eine Tätigkeit, die selbständig ausgeübt wird (also nicht im Angestelltenverhältnis).
- Ein Gewerbetreibender ist derjenige, der kein Freiberufler ist.
Finanzämter entscheiden mit Hilfe der Rentenversicherungsträger
Das Einkommensteuergesetz regelt in § 18 Absatz 1 konkret wer zu den freiberufliche Berufsgruppen zählt. Dabei unterscheidet es zwischen den so genannten 'Katalogberufen' (das sind die klassischen freien Berufe), den 'ähnlichen Berufen' (welche den Katalogberufen in Ausbildung und Tätigkeit ähneln) und den 'Tätigkeitsberufen' (selbständige wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten, welche die typischen Merkmale einer freiberuflichen Tätigkeit zeigen.
Eine große Übersicht, welche freien Berufe es gibt und in welche Kategorie sie eingeordnet werden, zeigt der aktuelle Infoletter Gründerzeiten Nr. 17 (PDF, S. 4) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI. Hier werden sowohl die 'schwierigen Fälle' erläutert, in denen sich gewerbliche Anteile und freiberufliche Tätigkeiten in der Selbständigkeit mischen, als auch die selbständiger Freiberufler, die beim Finanzamt als solche geführt werden, aber aus Sicht des Rentenversicherungsträgers keine 'echten Selbständigen' sind, nämlich Selbständige mit nur einem Auftraggeber oder Scheinselbständige. In der Scheinselbständigkeit ist kaum noch eine eigenständige unternehmerische Tätigkeit zu erkennen, da man z.B. in den Räumen des Auftraggebers zu arbeiten und hat und Entscheidungsbefugnisse stark eingeschränkt sind.
Statusfeststellungsverfahren durch DRV
Das BMWI rät: "Wer seine Lage im Zweifelsfalle klären will, sollte das möglichst innerhalb eines Monats nach Aufnahme seiner Tätigkeit tun." Anlaufstelle für das so genannte Statusfeststellungsverfahren ist folgende Clearing-Stelle:
Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), 10704 Berlin, Telefon: 030 8651, E-Mail: drv@drv-bund.de, www.deutsche-rentenversicherung-bund.de
Fakt ist: Das Finanzamt oder im Zweifelsfall ein Gericht trifft die endgültige Entscheidung darüber, ob eine Tätigkeit als freiberufliche oder gewerbliche Selbständigkeit einzustufen ist.
Insgesamt 5,1 Mio. Erwerbstätige in den freien Berufen
Und zum Abschluss noch einige Zahlen, welche auf die enorme Bedeutung der freien Berufe in Deutschland hinweisen: Neben den knapp 1,4 Mio. Selbständigen in den freien Berufen arbeiten dort weitere 3,3 Mio. Beschäftigte in sozialversicherungspflichtigen Verhältnissen (z.B. als Angestellte in Büros, Praxen und Betrieben). Zusammen mit den rund 100.000 Auszubildenden und den mehr als 300.000 mitarbeitenden, nicht sozialversicherungspflichtigen Familienangehörigen ergeben sich insgesamt 5.1 Mio. Erwerbstätige in den freien Berufen. Deutschland: ein Land der Dichter und Denker - und der Freiberufler.